Das Literaturpodium Berlin hat in diesem Jahr Autoren angeregt, den Krieg in der Ukraine zu reflektieren und literarisch aufzubereiten, was sie selbst über das aktuelle Geschehen hinaus mit diesem osteuropäischen Land und seinen Menschen, die jahrhundertelang Spielball in Kriegen und Interessenkonflikten waren, verbinden. Mehr als 100 von ihnen sind der Einladung gefolgt, ihre Werke sind in dem Gedichtband „Ukraine: blau und gelb“ auf 400 Seiten zusammengefasst. So unterschiedlich wie die Lebensalter der Autorinnen und Autoren, ihre soziale und regionale Herkunft in Deutschland, so unterschiedlich sind die Themen und Ausdrucksweisen ihrer Dichtungen. Sie reflektieren aktuelle Ereignisse, historische Zusammenhänge, ganz persönliche Wahrnehmungen und Befindlichkeiten. Erinnerungen, Wut, Trauer, Verzweiflung. Vorbei ist, schreibt Volker Teodorczyk „die Leichtigkeit der Jahre“, in denen Kriegsgerät und Munition um die Wette rosteten.
Die Breite der Gedichte in diesem Band geht über das Kriegsgeschehen und auch über politische Einordnungen hinaus. Die Dichtenden betrachten solche brennenden Themen wie Corona, Klimaveränderungen, Extremismus, den Streit um die Meinungshoheit. Aber ebenso spiegeln sie ganz persönliche, stille Momente ihres Lebens wider.
Wie kann die Trauer verarbeitet werden? Für das Mädchen Ilonka in Heike Knaaks Gedicht „Die Farben“ sind es Farben und Pinselschwung, die ein Versprechen für die Zukunft abgeben. Mit Farben verbindet auch Dirk Tilsner Hoffnung: „Nur zögernd macht sich wieder Farbe breit. Die Blüten hier und dort, so will es scheinen, wird irgendwann ein grüner Teppich einen.“
Gedichte vermögen in besonders eindringlicher Weise, oft mit leisen behutsamen Worten, den uns umgebenden Strom von Nachrichten und Empfindungen zu durchbrechen. Wie unerwartete Momente verwandeln sie uns und, so Christiane Maria Kranendonk, lassen die Dunkelheit eine Weile vergessen. rvTilsner, D.; Bott, K. et al.: Ukraine: blau und gelb. Gedichte. Literaturpodium, Dorante Edition: 2023.