Beispiel Stadt Kyritz: Gewerbean- und -ummeldungen und einige Standesamtsangelegenheiten lassen sich dort schon fast papierlos erledigen. Doch bei vielem anderem sind bestenfalls Formulare von der städtischen Website herunterladbar, auszudrucken, auszufüllen und dann klassisch per Post oder persönlich ins Rathaus zu befördern.
„Die Stadt Kyritz steht bei dem Thema noch am Anfang“ schätzt Michael Köhn als zuständiger Amtsleiter für allgemeine Verwaltung. Zugleich verspricht er: „Dennoch haben wir das fest im Blick, halten uns permanent auf dem Laufenden, sehen großes Potenzial für eine nutzerfreundlichere, effektivere und modernere Verwaltung und werden in den nächsten Jahren nach und nach immer digitaler werden.“
Einige Fortschritte könne Kyritz bereits verzeichnen. „Die interne Verwaltungsdigitalisierung schreitet ganz gut voran. Nach dem Einsatz von digitaler Rechnungsbearbeitung und digitalem Posteingangsmanagement laufen aktuell die Vorbereitungen zur Einführung der sogenannten elektronischen Akte beziehungsweise der elektronischen Schriftgutverwaltung“, berichtet Michael Köhn. Soll heißen: Intern ersetzt die Verwaltung nach und nach all das viele Papier mehr und mehr durch digitale Datenträger.
Den Bürgern erleichtert das Rathaus das Leben inzwischen zumindest bei Gebühren und Abgaben. Viele Rechnungen und Bescheide weisen seit kurzem einen QR-Code auf, der einem das mühselige und fehleranfällige Eintippen der Zahlungsdaten in die Banking-App des Handys erspart – soweit vorhanden. „Dies wird für immer mehr Vorgänge zum Einsatz kommen und muss später Bestandteil jedes Onlineprozesses werden“, kündigt der Amtsleiter an. „Für die Verwaltung werden dadurch unter anderem weniger Zahlungsausfälle und ein geringerer Bargeldverkehr erwartet.“ Wirklich rein digitale Dienstleistungen, so wie sie das Onlinezugangsgesetz des Bundes seit 2022 in allen staatlichen Verwaltungen forderte, habe Kyritz aber noch nicht zu bieten, gesteht er. „Entweder kommt immer noch Papier im Rathaus an oder muss das Rathaus verlassen oder der Bezahlvorgang ist vom eigentlichen Vorgang abgekoppelt oder es ist ein persönliches Erscheinen beziehungsweise Abholen von Dokumenten erforderlich.“
Die Stadt ist damit bei weitem nicht die einzige. Zumindest im Landkreis Ostprignitz-Ruppin sind sämtliche Kommunen noch weit von der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes entfernt – bei allen Unterschieden im Detail.
Es sei schlicht eine extrem komplexe Aufgabe, erklärt Michael Köhn. Auch in der Kyritzer Verwaltung komme je nach Fachgebiet und Anforderung ganz unterschiedliche Software diverser Hersteller zum Einsatz. All die Programme und Datensätze müssten erst einmal miteinander und mit den Anforderungen der öffentlichen Digitalisierung verknüpft werden.
„Um hohe eigene Entwicklungskosten bei der Digitalisierung zu vermeiden, warten gerade kleinere Kommunen wie Kyritz auf Musterlösungen des Landes oder damit beauftragter Verbände“, berichtet Michael Köhn. „Dort werden auch die geeigneten Identifikationsmethoden und Schnittstellen integriert, mit ersten Pilotkommunen getestet und später zur Nachnutzung für alle weiteren Kommunen bereitgestellt.“ Das dauert offenbar. Die Stadtverwaltung ist also nur einer der Spieler in der Partie. Mit auf dem Platz stehen nicht zuletzt die Bürger. Sie müssten ebenfalls auf die digitale Verwaltung eingestellt und entsprechend ausgestattet sein – etwa mit praktikablen Möglichkeiten, sich jederzeit digital zu identifizieren. Und zwar alle. Ansonsten wären unter Umständen nämlich zwei Verwaltungswege parallel nötig: einer für den digitalen Bürger und einer für den analogen.
Dass die Umstellung nicht mit einem Fingerschnipser erledigt ist, zeigt sich schon bei den Kyritzer Stadtverordneten. Die Stadtverwaltung wirbt seit vielen Jahren dafür, Einladungen und Unterlagen zu den Sitzungen nur noch in digitaler Form zu verteilen. Für immer mehr der ehrenamtlichen Politiker ist das inzwischen normal. Man sieht sie mit Tablet oder Laptop in der Sitzung. Doch der eine oder andere besitzt so etwas nicht, will oder kann nicht damit umgehen oder verfügt über keinen Netzzugang.
„Das digitalisierte beziehungsweise papierarme Arbeiten würden wir gern im kommenden Jahr nach der Kommunalwahl auf die Gremienarbeit ausdehnen“, kündigt Michael Köhn an. „Einige Kommunen gehen bereits beispielhaft voran und konnten den Aufwand an Papier und Zeit erheblich reduzieren.“
Die Situation in Kyritz gilt für die anderen Kommunalverwaltungen im Landkreis OPR in ganz ähnlichem Maße. Trotzdem hält sich die kreisübergreifende Zusammenarbeit bei der Digitalisierung in Grenzen. „Eine Koordinierungsgruppe hinsichtlich der Einführung digitaler Dienstleistungen im Landkreis und in den Kommunen gibt es nicht“, sagt der Pressesprecher der Kreisverwaltung, Alexander von Uleniecki. Als einen Grund nennt er die je nach Ebene und Ort sehr unterschiedlichen Ausgangssituationen und Anforderungen.
Der Landkreis selbst plane für sein Aufgabengebiet jedenfalls weitere Fortschritte: „Bis Ende 2024 sind im Bereich der Kreisverwaltung weitere digitale Dienstleistungen zu erwarten, so im Bereich der Ausländerbehörde und der Kfz-Zulassungsstelle.“ Letztere biete bereits seit einigen Jahren einige digitale Dienstleistungen an – ab Neujahr werden es noch mehr. „Dann kann fast alles, was mit Abmeldung, Zulassung und Umschreibung von Fahrzeugen zu tun hat, online zum Beispiel von zu Hause aus erledigt werden“, erläutert von Uleniecki.
Alexander Beckmann