Auch nicht einmalig ist die Figur des anpassungsfähigen, ehrgeizigen, schmierigen Journalisten Fuller. Was treibt die Handelnden an, was wollen und können sie erreichen? Mit welchen Mitteln?
Diese Fragen breitet Jörn van Hall aus, dessen Debütroman „Du stirbst im Fliegen“ 2023 erschien. Der in Neustrelitz und Berlin lebende Autor hat Rechtswissenschaften studiert und war viele Jahre im deutschen Verlagswesen tätig. Seine pointierten Schilderungen vom Klima in Redaktionsstuben und in der Kulturstiftung profitieren davon.
Um Eva Nielsen herum bewegen sich jahrzehntelange Freunde, die Opernsängerin, die Kulturwissenschaftlerin, ein Rechtsanwalt, aber auch die widersprüchliche Haushälterin Lieselotte. Der Autor charakterisiert diese Personen nicht durch lange Beschreibungen, sondern durch viele Episoden, oft nur angerissen, scheinbar beiläufig. Bilder und Worte lösen bei ihnen Erinnerungen aus. Und das gleiche geschieht bei den Lesern, aus den Erinnerungsfetzen entsteht ein ganzes Gesellschaftsbild, ob es um Zement geht, oder Sitzplätze im Café, den Studenteneinsatz in der Kartoffelernte oder das Beflaggen der Häuser. Bewertungen erfolgen aus den Handlungen heraus, politische Argumentation aus dem „Alltagsgeschwätz“ der Leute. Immer wieder ergeben sich neue Sichtweisen und Wendungen. Wahrheiten können auch dann Wahrheiten bleiben, wenn sie in Spitzelberichten stehen. Hat mancher nur Glück gehabt, wenn er zu den Opfern gehört?
Was ist dran an den Schlagzeilen, die von Skandal sprechen? Was machen sie mit den betroffenen Menschen, unabhängig von ihrem Wahrheitsgehalt? Der Roman fordert dazu auf, ohne Schwarz-Weiß-Schablonen über die Details selbst erlebter Geschichte nachzudenken. rvVan Hall, Jörn: Was am Ende blüht. Quintus, 2024.