5,2 Hektar bewirtschaften Bubenik und Brand auf ihrem Hof, halten Schafe, Hühner, Enten und Ponys. Die Anlage strahlt eine ländliche Ruhe aus. Für Besucher sind Schilder zu den Schaugärten aufgestellt, in denen die Vermehrungszucht stattfindet. Nach außen hin wirken diese wenig spektakulär. Aber es sind eben keine Allerweltssorten, die sich hier finden. Winni Brand kann zu manchen der Tütchen, die im Verkaufsraum in einem Holzkasten einsortiert sind, die Geschichte erzählen. Zum Beispiel die Stangenbohnen mit der Angabe „Bulgarische“. „Die hat eine Familie aus der Region 1971 aus dem Urlaub in Bulgarien mitgebracht und im Garten ausgesät“, berichtet Winni Brand. Immer wieder selbst vermehrt und an Freunde und Nachbarn weitergegeben, hat sich das Saatgut vom Balkan inzwischen an die Bedingungen in Brandenburg angepasst.
250 verschiedene Sorten Saatgut gibt es bei Keimzelle, teils Einzelsorten, teils Mischungen. Darunter der Kopfsalat „Frau Bertel“, die Radieschen „Certus“, eine alte DDR-Sorte oder die Blatt-Rote-Bete, bei der sich keine Knolle, dafür rotfleischiges Blattwerk bildet, das sich jung als Salat oder gekocht wie Mangold zubereiten lässt. Gemüsesamen sind in grünen Tütchen verpackt, bei Blumensaatgut sind sie orange, bei Kräutern dunkelgrün und bei Getreide gelb.
Für Eve Bubenik und Winni Brand, die aus Berlin stammen, geht es mit ihrer Arbeit um den Erhalt der Artenvielfalt bei den Kulturpflanzen. In Läden ist oft nur hochgezüchtetes Hybridsaatgut zu finden, das noch dazu oft wenig an die hiesigen Bedingungen angepasst ist. Die alten Sorten dagegen kommen auch mit dem sandigen Brandenburger Boden gut klar. Erhalten werden können die Sorten aber nur, wenn sie auch regelmäßig angebaut und vermehrt werden. Das Saatgut wird an einigen Verkaufsstellen in der Region angeboten, es kann per Mail (Adresse unter keimzelle-vichel.de) bestellt, online unter samenbau-nordost.de oder direkt auf dem Hof gekauft werden.
Besucher sind also bei der Keimzelle willkommen. Offizielle Öffnungszeiten gibt es nicht. Man kann sich telefonisch vorher anmelden, sagt Eve Bubenik. Viele Besucher kommen, wenn nebenan im Schloss von Vichel ein Konzert ist. Das ist immer am ersten Sonntag im Monat, um 14 Uhr und um 16 Uhr. Viel los ist auch zur Brandenburger Landpartie, die in diesem Jahr am 8. und am 9. Juni stattfindet. Vichel war ursprünglich einmal eines der in Brandenburg seltenen Rundlingsdörfer, dessen runde Form erst im 19. Jahrhundert mit dem Bau des Schlosses durchbrochen wurde. Das benachbarte Läsikow ist dagegen weiterhin ein Rundling wie aus dem Bilderbuch, mit Storchennest. Ebenfalls sehenswert ist das Dörfchen Garz, fast noch in Sichtweite von Vichel, mit einem mittelalterlichen Burgturm und einem liebevoll restaurierten Ständerhaus in der Ortsmitte. Die Straßen in der Umgebung sind wenig befahren und gut in Schuss, sodass sich auch eine Radtour in die Region anbietet, etwa von den Bahnhöfen Friesack oder Neustadt/Dosse. Ulrich Nettelstroth