Ein kopfloser Liebhaber – das kann schon einmal vorkommen. Aber bei den Gottesanbeterinnen ist es ganz wörtlich gemeint, denn die Weibchen verzehren ihre Freier schon während der Paarung.
Um Sex und Fortpflanzung im Tierreich geht es in dem neues Buch des Heidelberger Biologieprofessors Michael Wink und der Fachbuchautorin und naturwissenschaftlichen Übersetzerin Monika Nierhaus. Sie wissen, dass sich bei den Lebewesen alles durchsetzt, was evolutionär Erfolg hat.
Erfolg bedeutet, möglichst viele und möglichst fitte Nachkommen zu haben. Und da ist die Natur bei den über 1,6 Millionen Tierarten sehr einfallsreich, sowohl was die Erzeugung des Nachwuchses als auch seine Aufzucht angeht.
Aus der Sicht der Evolution ist es das Ziel des Lebens, sich fortzupflanzen. Das gilt für die Qualle ebenso wie für den Schmetterling oder den Menschen.
Wie das funktioniert, beschreiben die Autoren, die darauf verweisen, dass sich mehr als 99 Prozent aller heute lebenden Tierarten geschlechtlich fortpflanzen. Sie erläutern die biologische Geschlechtsbestimmung und die Herausbildung der Geschlechtsorgane, die sich in einer unglaublichen Größen- und Formenvielfalt entwickelt haben. Immer wieder werden dort neue Entdeckungen gemacht.
In der Tierwelt gibt es Polygamie und Monogamie, Sexspielzeug und gleichgeschlechtliche Beziehungen, Geschlechtswechsel, Damenwahl und Haremsgesellschaften, Keuschheitsgürtel, unterschiedliche Paarungsstellungen und eine unterschiedliche Dauer der Fortpflanzungsfähigkeit. Selbst bei so hochentwickelten Tieren wie dem Kalifornischen Kondor wurde sogar eine Jungfernzeugung beobachtet.
Anhand von Knochenfunden und Vergleichen mit den heute lebenden nächsten Verwandten sind die Wissenschaftler sogar der Fortpflanzung der Dinosaurier auf die Spur gekommen.
Obwohl das Buch auf fachlicher Grundlage geschrieben ist, bietet es eine sowohl interessante wie unterhaltsame und humorvolle Lektüre, die außerdem mit Anekdoten, Fotografien und Zeichnungen garniert ist. Ein ausführliches Glossar, Quellenangaben und Anmerkungen runden das Buch ab. Übrigens: Eine Meeresnacktschnecke kann auch vom Küssen schwanger werden. Bei Menschen funktioniert das nicht. rvNiehaus, Monika; Wink, Michael: Warum kopflose Männchen die besseren Liebhaber sind. Hirzel Verlag, 2024.