Hannes Hobitz von der E.DIS Netz GmbH verdeutlichte anhand von Zahlen, dass sich der Ausbau der dezentralen Energiegewinnung rasant beschleunigt und die Erzeugungsleistung stärker zunimmt als der momentane Stromverbrauch. So sind in Ostprignitz-Ruppin im Bereich der Windenergie bis jetzt 381 Megawatt Leistung installiert worden, beantragt sind aber bereits 1302 Megawatt. Photovoltaikanlagen im Landkreis erzeugen derzeit 353 Megawatt an Strom, geplant und beantragt sind sogar schon 10 069 Megawatt. Und noch ein Blick in die Zukunft: Bis zum Jahr 2033 wird es in Ostprignitz-Ruppin laut E.DIS Netz GmbH 43 800 Photovoltaik-Dachanlagen geben, 2045 gar 72 800. Zugleich werden die Strom-Bedarfe in den Haushalten im Landkreis weiter steigen, vor allem durch die Zunahme der Elektromobilität und den Ausbau der Ladeinfrastruktur sowie mehr Wärmeerzeugung durch Strom. Hannes Hobitz: „Wir stehen vor großen Herausforderungen. Auf der einen Seite boomt die dezentrale Stromerzeugung mit Sonne und Wind, auf der anderen Seite müssen wir dafür sorgen, dass der erzeugte grüne Strom auch zum Verbraucher gelangt. Dafür ist der Netzausbau notwendig.“
Die Kernherausforderung bestehe im Netzausbau, um den erzeugten Strom abnehmen beziehungsweise den benötigten Strom abgeben zu können. Beide Seiten müssen in ein Gleichgewicht gebracht werden. Wie die E.DIS Netz GmbH weiter erläuterte, sind neue oder zu erneuernde Stromleitungen in der Region bereits in Planung, um mit der Entwicklung bei der dezentralen Energieerzeugung Schritt halten zu können. Allerdings dauert es in der Regel etliche Jahre, bis ein geplantes Leitungsprojekt tatsächlich realisiert werden kann, was unterschiedliche Gründe hat.
Auf diese Problematik wies auch Landrat Ralf Reinhardt hin: „Wir erleben einerseits eine große Dynamik bei den erneuerbaren Energien, aber gleichzeitig stockt es beim Leitungsbau. Dieses Problem muss schnell aufgelöst werden, damit wir die wirtschaftliche Weiterentwicklung des ländlichen Raums nicht unnötig bremsen. Deshalb wäre es wünschenswert, Planungsprozesse für den Bau neuer Stromleitungen zu verkürzen, zum Beispiel per Gesetz. Darüber müssen wir sprechen und politische Hürden abbauen. Es kann nicht sein, dass ein Windpark schon nach zwei bis drei Jahren in Betrieb genommen werden kann, aber eine 110-KV-Stromleitung von der Bedarfsplanung, über Planfeststellung, Bau und der Inbetriebnahme bis zu zehn Jahre in Anspruch nimmt. Das muss sich ändern.“ Der Landrat regte außerdem an, künftige Möglichkeiten der Stromspeicherung im Bereich der Elektromobilität zu berücksichtigen. So könnten in Zukunft Elektroautos als Stromspeicher dienen, wenn diese am Netz angeschlossen sind und Wind- oder Solaranlagen mehr Energie erzeugen, als benötigt wird. Denn immerhin, so Ralf Reinhardt, würden Autos schon jetzt zu 95 Prozent nicht bewegt. „Viele Diskussionen über die Netzversorgung würden wir uns ersparen, wenn wir dieses künftige Potenzial auf den Parkplätzen und in den Garagen nutzen, um überschüssigen Strom zu speichern. Das wäre ein Schwarmeffekt, den wir nutzen sollten“, erklärte der Landrat.
Das Thema Stromversorgung wird in jedem Fall auch eine wichtige Rolle spielen beim künftigen Gewerbeflächenentwicklungskonzept (GEFEK) für den gesamten Landkreis. Die Idee für das GEFEK war aus dem jüngsten Kreisentwicklungskonzepts KEK 2035+ hervorgegangen und soll nun von der REG begleitet werden. Die Ergebnisse, die voraussichtlich bis Ende 2025 vorliegen werden, sollen als Grundlage dazu dienen, die Gewerbeflächenentwicklung im Landkreis voranzubringen. Und dafür ist auch, das wurde bei dem Fachtag mehr als deutlich, ein modernes und in die Zukunft gerichtetes Stromnetz unabdingbar. WS