Der Obstbaumschnitt ist ein Thema, das bei vielen für Beunruhigung sorgt. Schließlich kann man mit der Schere am Baum viel falsch machen. Tatsächlich aber ist ein häufiger Fehler, der in den Gärten zu beobachten ist, dass die Bäume gar nicht beschnitten werden. Dann kommt es vor allem bei älteren Hochstammbäumen zu einer fortschreitenden Vergreisung. Es gibt wenig Neutriebe, die noch dazu oft nach innen gerichtet sind und sich gegenseitig behindern. Der Fruchtansatz ist zwar oft hoch, aber die Früchte werden von Jahr zu Jahr kleiner. Krankheiten nehmen zu.
Ein ähnlich häufiger Fehler ist das genaue Gegenteil: ein radikaler und falscher Rückschnitt. Dabei wird die gesamte Krone kräftig gestutzt, die Triebe werden meist auf die Hälfte zurückgeschnitten. Der Baum reagiert darauf, indem er massiv austreibt und jede Menge sogenannte Wasserschosse ausbildet, die senkrecht nach oben wachsen. Der Fruchtansatz bleibt gering, weil der Baum alle Kraft in den Holzaufbau steckt. Und es ist eine anstrengende Arbeit, das Gewirr der senkrechten Triebe zu lichten.
Oft wird auch das falsche Werkzeug verwendet. Für den Schnitt an Obstbäumen eignen sich nur optimal scharfe Scheren oder Sägen. Stumpfes Werkzeug sorgt dafür, dass das Holz gequetscht und gerissen wird. Der Baum versorgt solche verwundeten Stummel schlechter, sie kränkeln oder sterben ganz ab. Oder der Schnitt findet zum falschen Zeitpunkt statt. Apfel- und Birnbäume werden am besten im Winterhalbjahr beschnitten, zwischen November und März. Das fördert Austrieb und Fruchtansatz. Beim Steinobst dagegen kommt die Schere im Sommer zum Einsatz.
Gekürzt wird nicht rundum, sondern es werden gezielt einige für den Kronenaufbau wichtige Leitäste gefördert, indem sie leicht eingekürzt werden. Der Schnitt erfolgt dabei an einem nach außen zeigenden Auge. So nennt sich der im Winter erkennbare Neuaustrieb. Mit den Leitästen konkurrierende Triebe werden komplett entfernt, ebenso nach innen wachsende Ästchen. Der oft zitierte Merksatz ist, dass es bei größeren Bäumen möglich sein sollte, nach dem Schnitt einen Hut durch die Krone zu werfen.
Ganz einfach ist der richtige Schnitt nicht. Deshalb gibt es viele Anleitungen in Büchern oder Broschüren oder Tutorials im Internet. Noch hilfreicher sind Workshops, die mitunter in Kleingartenvereinen oder Volkshochschulen angeboten werden. Unter Anleitung erfahrener Obstgärtner können die Teilnehmer dabei in der Praxis lernen, wie sie die Schere richtig ansetzen und wie die gelichtete Krone hinterher aussehen sollte. Manchmal kann es auch reichen, einen Nachbarn mit Gartenerfahrung anzusprechen und mit ihm zusammen die erste Schnitte zu machen.
In jedem Fall aber gilt: Gar nicht schneiden ist keine Lösung. net