Der Pfarrer der Potsdamer Garnisonkirche, Jan Kingreen, verbindet das Osterfest der Christenheit mit alltäglichen Erfahrungen. „Karfreitag und Ostern faszinieren mich und erlebe ich jedes Jahr wieder von Neuem als sehr besonders, weil es da ums Aushalten geht.“ Aushalten müsse man, dass die Welt manchmal sinnlos erscheine. „Das Leid und den Schmerz aushalten, der uns täglich umgibt“, so Kingreen. Das könne man, weil es auch in tiefster Dunkelheit Momente des Lichts gebe. Davon erzähle nicht nur die christliche Ostergeschichte. „Davon berichten unzählige andere biblische und auch gegenwärtige Geschichten, in denen Menschen ihre Erfahrung verarbeiten, dass etwas gegen jede Wahrscheinlichkeit gut ausgeht, dass die Hoffnung nicht vergebens war, sondern dass ihr Keim stärker ist und wächst“, sagt Kingreen.
Diese Erfahrung wolle er Gottesdienstbesuchern auch in der Osternacht am Ostersamstag ab 22 Uhr in der Garnisonkirche mitgeben.
Ähnlich sieht es die Pfarrerin der Evangelischen Domgemeinde in Brandenburg an der Havel, Susanne Graap. „Ostern, das ist der große Widerspruch zur Finsternis der Welt.“ Die schlimmen Seiten der Welt seien nötig, um die Hoffnung überhaupt erleben zu können. „Das Licht des Ostermorgens erfahren wir ja nicht, weil alles sowieso schön und hell und heil ist, sondern gerade in der Finsternis.“ Dompfarrerin Graap sieht ganz klar, dass Gewalt, Kriege und Zerstörung großen Raum einnehmen.
Doch genau darum gehe es in dieser Festzeit: „Wenn ich das Osterfest feiere, dann werde ich daran erinnert, dass das Leben sich nicht unterkriegen lässt. Ostern hält in uns Christen die Suche nach den Hoffnungszeichen wach“. Das gelte aber auch für den Alltag jenseits des Glaubens. Hoffnungszeichen fänden sich etwa in der Begegnung mit Menschen.
Christen feierten zu Ostern, dass der Tod nicht das letzte Wort behalte. Für Gläubige tut sich ein Weg auf, wo sonst ein Mensch nichts mehr erwarte. „Da setzt sich die gefühlte Ohnmacht angesichts der täglichen Katastrophen, nicht im Herzen eines Menschen fest.“ Graap nennt dieses christliche Lebensgefühl „Trotzdemkraft“, das man auch an Ostern erleben könne.
Auch Mario Friedrich, Pfarrer in Heiligengrabe im Kirchenkreis Prignitz, setzt sich von der säkularen Deutung mit Eiersuche und Spaziergängen ab. „Wenn ich an Ostern denke, dann liegt der Bedeutungsschwerpunkt für mich nicht in der Wiederkehr eines jährlichen Frühlingsfestes, sondern in der Auferstehung Jesu Christi“, betont er. Im Osterfest geschehe etwas, das „nicht von dieser Welt“ sei. Theologisch geschehe etwas Unerwartetes, was „ganz im Besonderen für das verlorene, abgebrochene, unerfüllte, verachtete, gedemütigte Leben“ Hoffnung auf Rettung und Rehabilitation bedeute. „Das ist ganz große Münze“, so Friedrich.Doch auch nicht fromme Menschen können der Osterbotschaft etwas abgewinnen, findet der Pfarrer der Potsdamer Kirche Sankt Nikolai, Gregor Hohberg. Der Pfarrer der Nikolaikirche reibt sich manchmal angesichts des Weltgeschehens die Augen. „Spielt die Welt verrückt? Oder ist mein Bild von der Welt gerade verzerrt? Verrutscht unter dem Eindruck sich überschlagener, zugespitzter, negativer Meldungen?“
Auf Online-Plattformen und in anderen Medien scheine der reine Tumult zu regieren. Ostern könne in diesem Zusammenhang bedeuten, Abstand zu nehmen und Luft zu holen. „Nachzudenken, nachzuspüren: Was ist heute dran? Was ist zu tun?“, erläutert Hohberg. Man könne auch mal auf hektische Meldungen, Fake-News und Verdrehungen verzichten. Drei Tage später seien sie ehedem schon wieder Makulatur. „Drei Tage keine Nachrichten, keine digitale Kommunikation.“ Auch das könne auch Ostern sein.
„Dran ist: sich im eigenen Umfeld umsehen. Mit echten Menschen sprechen, Freundinnen, Nachbarn, an der Kasse oder im Wartezimmer. Dran ist: spazieren gehen und sehen, wie der Frühling sich entfaltet, wie die Sonne wärmt und die Frühblüher blühen.“ Dann könne man auch wieder mit allem rechnen. „Und dazu gehört auch das Schönste“, so Hohberg.
„Gutes und Berührendes kann uns jeden Tag begegnen. Das Leben ist schön“, betont Hohberg. Am dritten Tag danach sehe die Welt dann schon wieder anders aus. „Wieder normaler, weniger verrückt, weniger laut.“ Das hat für Hohberg auch mit Religion zu tun. „Jesus Christus ist am dritten Tage auferstanden“, erinnert Hohberg.Die christliche Botschaft laute: „Neues Leben für uns alle – mitten in unserer wilden Welt. Davon werde man zu Ostern noch viel mehr hören, verspricht Hohberg den Besuchern der Ostergottesdienste. Rüdiger Braun