Kalt wie eine Kreuzotter

Cover: Verlag
Achtmal wurde versucht, die britische Queen Victoria, Großmutter von Wilhelm II. und durch ihre Enkelkinder mit vielen europäischen Königshäusern verwandt, zu töten. Attentäter zu fangen, die - häufig von ideologischen Motiven fanatisch geprägt - ganz allein arbeiten, ist eine Herausforderung für die Polizei. Einen Attentatsplan aufzubauen und die Jagd auf den Täter spannend zu beschreiben, wird zur Herausforderung für einen Autor.

Und da ist Bradley Harper ein Meisterstück gelungen, das weit mehr bietet als nur eine abenteuerliche Jagd. In einer fiktiven Handlung, die in St. Petersburg beginnt und über Berlin bis zum Diamantenen Thronjubiläum der Queen 1897 nach London führt, werden Personen der Zeitgeschichte lebendig. Dr. Conan Doyle, und das reale Vorbild für seinen Sherlock Holmes, Professor Joseph Bell, werden gemeinsam mit der Schriftstellerin Margaret Harkness zu Ermittlern und arbeiten mit der Special Branch zusammen, um die Ermordung der Monarchin zu vereiteln. Doyle, Bell und Harkness waren bereits Helden des ersten Romans von Brandon Harper „Doktor Doyle jagt Jack the Ripper“. Wie dort kann sich Margaret Harkness nur mit Hilfe von Männerkleidung und ihrer Pistole in die Ermittlungen einschalten, eine Herausforderung für die Herren um sie herum. Und sie bleibt diesmal nicht die einzige Frau in Hosen.

Harper, ein pensionierter Pathologe der US-Armee, entwickelt für den anarchistisch beeinflussten Attentäter ein Motiv, das tief im Persönlichen liegt. Dieser Hermann Ott ist nicht immer kalt wie eine Kreuzotter. Er wird selbst zum Opfer in einem mörderischen Spiel. Eine persönliche Verbindung zwischen ihm und Margaret durchzieht den ganzen Roman. Dabei gelingt dem Autor so manche überraschende Wendung, die Spannung und Lesevergnügen immer wieder anstachelt. Man kann sich beim Lesen an „Der Schakal“ von Frederick Forsyth erinnern. Aber das liegt wohl daran, dass ein Einzelgänger die Attentate unter ähnlichen Umständen vorbereitet, mitten in einer Hauptstadt, unter vielen Menschen und mit Zielpersonen, die sich nicht verstecken wollen. Es ist kein Geheimnis, dass Victoria 1901 eines natürlichen Todes starb. Aber das Ziel der Anarchisten, mit einem Attentat einen Weltbrand zu legen, wurde einige Jahre später in Sarajewo Wirklichkeit. rv
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