Bunte Blüten leuchten im Sonnenlicht, dazwischen wiegen sich Gräser im Wind und die Bienen summen – allein der Gedanke an eine Wiese lässt im Kopfkino einen Film ablaufen. Die Experten vom Bund deutscher Staudengärtner wissen, wie daraus Realität werden kann.
Der Traum von der eigenen Wiese erfordert viel Wissen und Geduld, soll er länger als eine Saison anhalten. Schließlich handelt es sich um komplexe Pflanzengesellschaften, die sich langsam entwickeln und sich an ihre jeweiligen Standorte und Nutzungen, wie etwa die Beweidung, angepasst haben. Aber keine Sorge, eine Staudenwiese – und um die soll es an dieser Stelle gehen – erfordert weder eine jahrzehntelange Entwicklung noch eine Viehherde.
Katrin Lugerbauer ist mit der Welt der Stauden bestens vertraut. In ihrem eigenen Garten südlich von Linz (Österreich) hat die Autorin mehrerer Gartenbücher und hauptberufliche Lehrerin diverse Beete angelegt, die den natürlichen Charme einer Wiese ausstrahlen. Die Inspiration dafür hat sie auf Streifzügen durch die Wildblumenwiesen des Voralpenlands gesammelt: „Natürlich lassen sich diese Pflanzengesellschaften nicht genauso nachpflanzen. Mir geht es eher darum, die Atmosphäre und die natürlich wirkende Leichtigkeit ineinander verwobener Pflanzen nachzuempfinden.“ Die von ihr gepflanzten wiesenähnlichen Beete wirken wie zufällig entstanden. Aber das verspielte Miteinander der Blüten und Halme ist bewusst inszeniert: „Auch bei einer wiesenähnlichen Anlage starte ich mit einer leeren Fläche und bereite das Beet und den Boden genau wie bei einem Staudenbeet gut vor.“ Dafür wählt sie sonnige Standorte und lockert, wenn notwendig, den Boden mit Sand.
Optisch unterscheidet sich eine wiesenartige Pflanzung deutlich von einer klassisch komponierten Rabatte, erzählt die Pflanzenexpertin: „In Wiesen spielt die Höhenstaffelung keine Rolle, dafür sind die Pflanzen stark miteinander verwoben. Außerdem verändert sich der Gesamteindruck jedes Jahr und das ist durchaus erwünscht.“ Damit das nicht chaotisch wirkt, bilden beständige Stauden wie Röhrenstern (Amsonia), Hohe Fetthenne (Sedum x telephium) oder Kugeldisteln (Echinops) ein Gerüst. Kurzlebige Arten wie Königskerze (Verbascum), Kartäusernelke (Dianthus carthusianorum) oder Natternkopf (Echium) pflanzt sie ebenfalls: „Sie versamen sich und tauchen Jahr für Jahr an unterschiedlichen Stellen wieder auf. Dadurch sorgen sie für Leichtigkeit und den typischen Charakter einer Wiese. Ebenfalls wichtig für den Charakter einer Wiese sind naturgemäß Gräser, ein Anteil von zehn bis 20 Prozent gilt als Faustregel“, erzählt Lugerbauer. „Das können natürlich auch mehr oder weniger sein. Sie sollten sich gut mit den Stauden ergänzen. Bei mir wachsen viele kleinblütige und zierliche Stauden, da passen filigrane Gräser sehr gut dazu.“ Daher zählen Atlas-Schwingel (Festuca mairei) oder Büschel-Federgras (Stipa capillata) zu ihren Favoriten.
Gießen und Düngen sind bei ihren Staudenwiesen, die überwiegend trockenheitsverträgliche und wenig nährstoffbedürftige Arten enthalten, kein Thema. Vorsichtiges Jäten im Frühjahr gehört zur jährlichen Routine. Damit die grundsätzlich erwünschte Selbstaussaat kurzlebiger Arten und der Pflegeaufwand in einem guten Verhältnis zueinanderstehen, mulcht Lugerbauer den Boden ihrer Staudenwiesen: „Ich verwende dafür Kies, der bei mir aus der Nähe kommt und eine Körnung von 0 bis 8 Millimeter hat. Gut geeignet wäre auch Mulch aus Lavagestein oder ein anderes mineralisches Material, das am jeweiligen Ort verfügbar ist.“ Die Mulchschicht ist bei ihr rund fünf Zentimeter hoch und ermöglicht eine moderate Selbstaussaat und das Einwurzeln der Sämlinge im Boden. Der bleibt unter der dünnen Kiesdecke zudem länger feucht. Bei den Sämlingen sieht sie genau hin, denn der winzige Nachwuchs von Ziest (Stachys) und Eisenkraut (Verbena) ist durchaus erwünscht und darf bleiben. „Es sei denn, eine Art breitet sich übermäßig aus, dann jäte ich sie verstärkt.“ Lugerbauer führt zwar Regie, lässt ihren Schauspielern aber die Freiheit, zu improvisieren. Wenn der Zufall mit gärtnert, entstehen oft die schönsten Bilder.
Diese Bilder überdauern oft den ganzen Winter, denn der Rückschnitt der Stauden und Gräser wird meist erst im Frühjahr – kurz vor dem Neuaustrieb – erledigt. Dann ist die Bühne wieder frei für eine neue Inszenierung der Staudenpflanzung, die wie eine Wiese wirkt. WS