„Herr Richter, was spricht er?“ ist ein alter Abzählreim aus Kindertagen. Um Richtersprüche geht es im gerade erschienenen Buch „300 Urteile über Deutschland“. Sein Autor Geedo Hendrik Paprotta, Jahrgang 1975, studierte in München Rechtswissenschaften und ist seit 2004 als Rechtsanwalt von der Oberpfalz aus in ganz Deutschland tätig. In der wöchentlichen Kolumne »Paprottas Paragrafen« berichtet er seit langem über aus dem Leben gegriffene Gerichtsfälle. Und er weiß, dass es nicht schaden kann, etwas links und rechts des gesunden Menschenverstandes zu denken, wenn es um die vielen Alltagsstreitigkeiten geht, die die Deutschen von ihre Gerichte treibt.
Dort sind dem Einfallsreichtum kaum Grenzen gesetzt. Die Bienen aus Nachbars Garten, Ameisen im Hotelzimmer, die Arroganz von Automaten, fußballspielende Kinder, Beleidigungen, von denen selbst Staatsanwälte nicht verschont werden. Die Reihe lässt sich durch das ganze Alphabet fortsetzen, von Pornos und Porsche über Scheinehen bis zum Zucker in den Schokoriegeln. Und zwischendurch geht es um weiße Ponys mit schwarzen Streifen oder doch Zebras, um die Beziehung zwischen Goethe und Ikea und um das Pinkeln an Gartenzäunen.
Wer liest, was sich einige Kläger vom Gericht für die Lösung ihrer Probleme erhoffen und wo ihr Rechts- wie auch ihr Selbstverständnis angesiedelt sind, wird im Wechsel den Kopf schütteln oder amüsiert laut lachen. Aber auch so manche Entscheidungen der Damen und Herren Richter lösen Verwunderung aus.
Es ist keine Sammlung von Schnurren, wie sie mitunter in Erinnerungen von Richtern und Anwälten zu finden sind, sondern die Auseinandersetzungen sind Realität, sind der „alltägliche Wahnsinn in deutschen Gerichten“. Zwar ist jeder konkrete Sachverhalt, jede Entscheidung vom Autor witzig plaudernd und unterhaltsam geschildert, aber mit dem genauen Aktenzeichen belegt worden und damit überprüfbar. Ob man im privaten Leben gut beraten ist, sich nach diesen Urteilen zu richten, wird vom Einzelfall abhängen. Einige praktische Empfehlungen gibt Rechtsanwalt Paprotta allerdings.
Ihre Abrundung findet die exakte, fleißige und augenzwinkernd humorvolle Darstellung in ironischen Abschlussbemerkungen zu den alphabetisch geordneten Kapiteln, für er auf Kunst und Politik und vor allem auf den Volksmund zurückgreift. rvPaprotta G.: 300 Urteile über Deutschland. Riva Verlag München, 2025.