Geboren im Kaiserreich zog Fritz Martins mit 25 Jahren mit einem „Hurra!“ auf den Lippen in den Ersten Weltkrieg. „Das ist heute unvorstellbar“, meint Czubatynski zu den Schülern. Wer zöge heute mit solch einem Enthusiasmus in den Krieg. Es folgten die Weimarer Republik, die Zeit des Nationalsozialismus und die Zeit der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ), die dann 1949 zur Deutschen Demokratischen Republik (DDR) wurde. Dass sich Ralf Czubatynski auf Spurensuche seines Großvaters begab, ist letztlich einem Tagebuch zu verdanken. „Es lag unbeachtet im Schrank meiner Eltern“, erzählt er. Vor zehn, zwölf Jahren habe er es gefunden. Fritz Martins hat dieses Tagebuch von 1910 bis 1915 geführt, zu einer Zeit, als er als Tischlergeselle auf Wanderschaft war. „Das Tagebuch war für mich die Initialzündung“, erklärt Ralf Czubatynski. Der gebürtige Perleberger ist heute Lehrer für Deutsch, Geschichte und evangelische Religion am Landesgymnasium für Musik in Wernigerode. Und so will er die jungen Leute neugierig machen, sich vielleicht auch einmal mit der eigenen Familiengeschichte näher zu befassen. „Es ist ein Gewinn!“, lässt er die Schüler des Perleberger Gymnasiums wissen. Dabei sei es weniger das Stöbern in Archiven, sondern das Kennenlernen von Menschen und ihrer Beziehungen.
Ralf Czubatynski selbst hat durch seine Nachforschungen Verwandte in Rumänien und Süddeutschland ausfindig gemacht, von denen er bisher nichts wusste. Am Beispiel seines Großvaters wurde ihm deutlich, dass es gar nicht so einfach ist, eine Biografie zu schreiben. „Das Schreiben einer Einzelbiografie ist nur über eine Verflechtung mit historischen Darlegungen sowie geschichtlichen Hintergründen und Denkmustern der jeweiligen Zeit sinnführend“, erklärt der Lehrer. Deshalb sieht er zwei wichtige Sätze über dem ganzen Projekt stehen: „Menschen machen Geschichte“ und „Die Geschichte macht den Menschen“.
Daher bestehe sein Buch nur zu einem Drittel aus Biografischem über seinen Großvater. „Alles andere ist der Kontext der jeweiligen Zeit“, so Czubatynski. Wie gelingen persönliche Transformationsprozesse in den verschiedenen politischen Systemen? Das war eine zentrale Frage des Autors. Für die Schüler war es ein interessanter Vortrag. dre