In der Stadt kam es zu einer verheerenden Katastrophe. Ein Teil einer Eisenbahnschiene traf das Südfenster der St. Nikolai-Kirche und zerstörte dieses. Doch die Schäden an der Kirche waren im Vergleich zu den vielen Opfern im gesamten Stadtgebiet geringfügig. In der Nähe des Bahnhofes wurde ein besuchtes Kino vollkommen zerstört. Über 100 Menschen fanden dort den Tod. Die Südfensteröffnung wurde nach der Zerstörung provisorisch gesichert. Um 1950 erhielt sie eine Vermauerung.
2012 reifte in der Gemeinde die Idee der Südfensteröffnung zu einem konkreten Wunsch. Doch gab es vorab wichtigere Sanierungen anzugehen. So wurde im folgenden Jahrzehnt die Decke unter dem Glockenstuhl saniert, der Hausschwamm an den Schiff-Balkenköpfen bekämpft, große Mengen Kiefernholz erneuert, alle Dachziegel gewechselt, dicke Stahlanker in das Mauerwerk eingebaut, Grabungen an den Fundamenten ausgeführt und ein Innenraumkonzept erarbeitet.
Parallel verfestigte sich die Idee, für das Fenster eine zeitgemäße friedensstiftende Gestaltung zu suchen. Aus einem Kern von vier engagierten Gemeindemitgliedern entwickelte sich eine Gruppe interessierter Pritz-walker, die auf Augenhöhe mit Spezialisten, Professoren und Künstlern stritten, suchten und fanden.
Die jetzige Wiederherstellung des Fensters ist ein Zeichen der Stadt zur Mahnung, Erinnerung und Hoffnung. Zur Gestaltung des Fensters wurde ein offener künstlerischer Wettbewerb durchgeführt. 96 Kunstschaffende bewarben sich mit ihren bisherigen Kunstobjekten. Eine hochkarätige Jury erteilte nach sorgfältiger Auswahl sieben Kunstschaffenden den Auftrag, ihren künstlerischen Entwurf einer unabhängigen Jury vorzustellen. Dazu ist den Kunstschaffenden eine Themenvorgabe zur Gestaltung übergeben worden.
Nach einem ausführlichen Bewertungsprozess der eingereichten Vorschläge ist der Auftrag an die Künstlerin Dana Meyer erteilt worden. Zuversicht und Hoffnung strahlen jetzt in einem farbigen Lichtspiel in die Kirche hinein. Das neue Fenster, in der Größe von 2,25m x 8,3m, das sich in Rahmen und innerer Gliederung an den umliegenden Fenstern orientiert, besteht aus zwei Gestaltungsebenen. Die innere Farbebene zeigt eine Linde über einem brennenden Gebälk. Die Darstellung der Zerstörung ist dabei bewusst nur aus bestimmten Perspektiven wahrnehmbar – in Gänze dominiert das Grün des Astwerks. Je näher man an das Fenster tritt, umso mehr löst sich die konkrete Darstellung von Baum und Gebälk zu einem abstrakten Lichtspiel auf. dre