Ungeschönt schreibt er über den Alltag in der deutschen Strafjustiz, der Zwickauer Amtsrichter und Vorsitzende eines Schöffengerichtes Stephan Zantke. Sein erstes Buch „Wenn Deutschland so scheiße ist, warum sind Sie dann hier?“ wurde ein großer Erfolg. Trotz des Titels ging es darin nicht überwiegend um Flüchtlinge, sondern um das vielfältige kriminelle Leben, wie Zantke schreibt, „gesehen durch die Brille eines Richters“. Dabei beklagt der Autor, dass es in Deutschland immer noch eine täterorientierter Justiz gibt. Zu selten werde das Leiden der Opfer bei der Bestrafung der Täter berücksichtigt. Sein neues Buch „Wenn nur das Böse übrig bleibt“ ist jedoch keine rechtsphilosophische Schrift, sondern erzählt von Straftaten, die Zantke selbst bearbeitet hat, von Urteilen, unter denen seine Unterschrift steht.
Die Spanne der Tatbestände überwiegend aus den letzten zehn Jahren ist weit gefasst, sie reicht von einer Serienbrandstiftung im Vogtland über sexuellen Missbrauch von Kindern und Vergewaltigung, Diebstahl, das Fahren ohne Fahrerlaubnis, Beleidigung, Körperverletzung bis zum Raub. Durch die Dreiteilung in die Beschreibung der Taten selbst, den Prozessverlauf und die juristische Bewertung können die Leser sich aus unterschiedlicher Perspektive mit dem Geschehen auseinandersetzen und gewinnen eine detaillierte Vorstellung von der Herausforderungen an einen Richter und an seine Arbeitsweise, um die tatsächlich Schuldigen zu finden und das richtige Strafmaß festzulegen. Dabei geht Zantke auch auf die Rolle der Staatsanwälte und Verteidiger, der Gutachter und vor allem der Zeugen ein.
Der Autor führt Straftatbestände exakt auf und wendet sie auf die zehn geschilderten Fälle an. Doch vor allem stehen Lebensgeschichten und Begehungsweisen der Täter, bei denen oft Alkohol und Drogen eine Rolle spielen, und der Prozessverlauf sehr anschaulich und eindringlich im Vordergrund. Es liest sich mitunter spannend wie ein Kriminalroman, wenn ein Täter sich auf den Weg macht oder erfahrene Ermittler mit Bauchgefühl und modernster Technik auf Spurensuche gehen. Zantke weiß, dass mitunter die Gerechtigkeit selbst im Gerichtssaal auf der Strecke bleibt, doch immer beruhen die gefällten Urteile auf dem geltenden Recht. Doch er macht sich auch Sorgen um die Zukunft unseres Rechtssystems. rvZantke, St.: Wenn nur das Böse übrig bleibt. Riva Verlag, 2024.