Renitenz-Theater, Satiresendungen wie „Scheibenwischer“ und „Zwerch trifft Fell“, „Die Mathias Richling Show“, Soloprogramme – man kennt den Kabarettisten Mathias Richling, seit er 1972 die Bühne betrat.

Der 1953 geborene Waiblinger studierte in Tübingen und Stuttgart Musikwissenschaft, Schauspiel, Geschichte, Philosophie und Literaturwissenschaften und alle diese Fächer haben in seinen Auftritten ihren Platz gefunden.

Der Westend Verlag legt nun seine „Biografischen Ermittlungen im privat-öffentlichen Milieu“ vor. Richling erzählt mal anekdotenreich-schalkhaft, mal nachdenklich aus seinem Leben, von Freunden und Kollegen, seinen Rollen. Der Autor selbst spricht von „Erinnerungs-Fetzen“ und „Erlebnis-Bruchstücken“.

Richling hat viele Gesichter, auch weibliche, er arbeitet mit Kostüm und Stimme, aber er ist nicht vordergründig Parodist, sondern karikiert vor allem die Politiker, er will sie weiter denken, dort, wo sie selbst mit dem Denken aufgehört haben. Die Grenzen der Satire sieht er dort, wo sie ausschließlich der Schadenfreude dient. Sein Credo: „Satirefähig ist alles, was geändert werden kann.“ Er muss damit leben, dass einige „politische Mimosen“ Kritik nicht aushalten können.

Liebevoll erzählt der Satiriker Anekdoten von Begegnungen mit seinen Fans und einer Zuschauerin, die gerade ihren 108. Geburtstag gefeiert hatte.

Richling ist ein sehr konzentrierter Arbeiter, sprachgewandt, mit hoher Dichte. Wer ihn in seinen Programmen erlebt, muss sich konzentrieren. Er selbst behauptet, dass er einschlafen würde, wenn er langsamer spräche. Mit diesem unterhaltenden und informierenden Buch darf man sich etwas mehr Zeit lassen.

Das Buch „Enttarnt!“ zeigt nicht nur seine Vielseitigkeit und Verwandlungsfähigkeit, sondern ist gleichzeitig ein Who‘s who der deutschen und internationalen Geschichte, Politik und Kultur: Alfred Biolek und Karl Valentin, Helmut Kohl und Sahra Wagenknecht, die Päpste und Verona Feldbusch, Boris Johnson und Wladimir Putin, um nur einige Namen zu nennen.

Besonders reizvoll die Gegenüberstellungen in den über 200 Fotografien: Richling in Kostüm und Maske und dazu die jeweils von ihm demaskierten, enttarnte Persönlichkeiten. Manche von denen saßen sogar unter dem Publikum in seinen Vorstellungen. Ihr Lachen wird nicht immer echt gewesen sein. rv

Richling, M.: Enttarnt! Westend Verlag, 2024.