Gab es die überhaupt? Wie war das mit der Forschung in der Rechentechnik? Hat die DDR wirklich mehr hervorgebracht als den „ersten begehbaren Mikrochip der Welt“?
René Meyer war schon als Schüler von Computern gepackt und hat 1986 seinen ersten BASIC-Lehrgang absolviert. Der freiberufliche Journalist ist ein genauer Kenner und Sammler von Rechentechnik und Spielkonsolen. Unter dem Titel „Von Robotron bis Poly-Plan“ hat er jetzt dargestellt, wie es die DDR mit der Mikroelektronik tatsächlich hielt. Meterweise hat er dazu Fachliteratur gewälzt und Gespräche mit Zeitzeugen geführt.
Gerade in den letzten Jahren der DDR entstanden Taschenrechner, Heimcomputer, Drucker, Digitaluhren, eine Spielkonsole. Allerdings betrugen die Selbstkosten ein Mehrfaches des Weltmarktpreises. Doch diesen Weltmarkt gab es für die DDR nicht.
Meyer beginnt mit einem Überblick der Geschichte der Rechentechnik vom Abakus über Schickard und Zuse bis zum ENIAC. Er beschreibt, wie sich die junge DDR noch schwer mit der Kybernetik, wie man die Informatik damals gern bezeichnete, tat. Die technischen Ressourcen waren begrenzt, für die vorbildgebende Sowjetunion war sie eher eine Pseudowissenschaft. Doch die Zurückhaltung wechselte Mitte der 50er Jahre in eine Aufbruchstimmung, als erkannt wurde, welche Bedeutung der wissenschaftlich-technische Fortschritt im Wettbewerb der Systeme hat.
Der Autor geht auf philosophische Querelen ein und stellt die Kombinate vor, die sich in der DDR mit Computern beschäftigt haben. Er berichtet von Mikrochips und 32-Bit-Prozessoren, vom Robotron 300, dem Spielcomputer PIKO dat, Tischrechnern und Taschenrechnern, den ersten Kleincomputern wie dem KC 85, und Lerncomputern wie dem A 5105. Menschen werden vorgestellt, die schon als Schüler Spiele für den Kleincomputer entwickelt haben. In der DDR gab es 1988 eine Jugendcomputerolympiade und im Fernsehen liefen Computerstunden. Meyer berichtet detailliert über den Einsatz von Computern in Büro und Produktion (Stichwort CAD/CAM) von Schachcomputern, Computerkunst und elektronischer Musik, sogar von DDR-Filmen, in denen Computer eine Rolle spielen.
Einige Kapitel des Buches widmen sich der Technik aus dem Westen, über welche mitunter abenteuerliche Weise sie unter Embargobedingungen und Devisenknappheit in die DDR fanden, und was mit ihr geschah. Ein informativer und unterhaltsamer Überblick, interessant für Technikfans wie Hobbyhistoriker. rvMeyer, R.: Von Robotron bis Poly-Play. Das Neue Berlin, 2024.