Das Renaissance-Schloss wurde so zum Schauplatz einer großen Übung. In internationalen Hilfeersuchen wurde auch der Kulturgutschutz angefragt und in den Katastrophenschutzmechanismus der EU einbezogen. Deutschland hat in dem Szenario deshalb die Hilfe der Auslandseinsatzeinheit CHRU angeboten. Der Einsatz dieser neuen Einheit beginnt grundsätzlich frühestens 72 Stunden nach der Katastrophe – dann, wenn die Rettung von Menschenleben komplett abgeschlossen ist. Im Übungsfall galt es nun, ein Kulturdenkmal und sein Inventar zu sichern. Geübt wurde, wie man im Katastrophenfall Schäden an einem Denkmal erfasst, bewegliches Kulturgut bergen kann und dieses dann im mobilen „Kulturgut Retter“-Notkonservierungslabor erstversorgt.
Die Beteiligten betraten dabei Neuland. Einsatzleiter Stefan Tahn zeigte sich überrascht von der guten Zusammenarbeit von THW-Kräften, Katastrophenschützern, Archäologen, Restauratoren und Ingenieuren. Freiwillige Experten für Bauforschung und Denkmalpflege führten während der Übung mit der Unterstützung von THW-Einsatzkräften eine Schadenserfassung am Schloss durch, bewerteten Schäden und dokumentierten das Gebäude. Gemeinsam entfernten die Übungsteilnehmer Schutt aus den Schlossräumen, um die Statik zu entlasten.
Die Freiwilligen füllten Hohlstellen am Gebäude und bargen Skulpturen, Dekorationselemente und andere mobile Kulturgüter, die im Labor auf dem Schlossgelände notkonserviert wurden. Mithilfe des digitalen Dokumentationssystems, das am Deutschen Archäologischen Institut (DAI) entwickelt wurde, erfassten Fachleute Gemälde, Statuen und andere Kulturgegenstände. Spannend zu beobachten war auch die Arbeit im mobilen Labor für Notkonservierung, das am Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA) für den schnellen Transport in Katastrophengebiete entwickelt wurde und an der Hinterseite des Schlosses aufgebaut war.
Alle Funde wurden fotografiert, nass oder trocken gereinigt und dann verpackt und erfasst. Dabei handelt es sich „nur“ um eine Erstrettung und Sicherstellung. Das THW führte den gesamten Einsatz und stellte ehrenamtliches, erfahrenes Personal zur Verfügung, um das Team im Einsatzgebiet vor Ort zu leiten. Die Teamstruktur, das spezielle Equipment und die Workflows der Einsatzeinheit CHRU konnten die Teilnehmenden erstmals nach der Ausbildung im Einsatzszenario erproben.
Bei der Übung dabei waren auch viele Vertreter der Kommune und des Landkreises. Gekommen war zudem Marco Panigalli von der Generaldirektion für den Europäischen Katastrophenschutz und die humanitäre Hilfe (ECHO) der EU-Kommission.
Das Projekt „Kulturgut Retter“ wird seit 2019 unter der Leitung des DAI gemeinsam mit seinen Partnern von der Bundesanstalt des Technischen Hilfswerks und dem LEIZA entwickelt. Das Projekt wird durch das Auswärtige Amt und den Deutschen Bundestag unterstützt. Ziel ist die Etablierung der Auslandseinheit, die von Deutschland aus über den Europäischen Katastrophenmechanismus (UCPM) weltweit Hilfe leisten kann, wenn Kulturgut durch Erdbeben, Überschwemmungen, Feuer oder andere Katastrophen gefährdet ist. In diesem Jahr nahm das Projekt erstmals mehr als 100 freiwillige Experten für Kulturgutschutz auf und begann mit der Ausbildung. dre