„Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen“ – ganz klar: das Aschenputtel, das sich auf die Hilfe der Tauben beim Sortieren verlassen kann. Heute steht sogar das Aschenputtel-Prinzip für das einfache Sortieren. „Heinrich, der Wagen bricht!“ – dieser Ausruf stammt aus dem Froschkönig und weist darauf hin, dass ein Fahrzeug ungewöhnliche Geräusche von sich gibt.
Bei der Redensart „vor Lachen platzen“ wird es schon etwas schwieriger. Kennen Sie das dazu passende Märchen? Es ist das Grimm-Märchen „Strohhalm, Kohle und Bohne“. Die drei gehen auf Wanderschaft. Die beiden ersten Titelhelden sterben, worüber die schadenfrohe Bohne so sehr lacht, dass sie zerplatzt. Aber sie hat Glück: Ein Schneider näht sie wieder zusammen. Manchmal sind Märchen auch schuld daran, dass eine Redewendung eine neue Bedeutung bekommt. „Etwas im Schilde führen“ verwies ursprünglich auf das Schild eines Ritters mit dessen Wappen darauf. Letzteres gab Auskunft über die Herkunft des Ritters und seine möglichen Absichten. In Grimms Märchen, etwa „Der starke Hans“, ist mit „etwas im Schilde führen“ ein böser Plan gemeint.
Der Autor Essig hat sich viele Märchen angesehen. Von Wilhelm Hauff, Hans Christian Andersen und natürlich von den Gebrüdern Grimm. Essigs Buch ist nicht nur Sprachanalyse. Humorvoll geschrieben, mit viel Hintergrundwissen angereichert, macht es Lust auf Märchen. Lust aufs Nachlesen, um die eine oder andere Erinnerungslücke zu füllen. Es erinnert daran, wie wichtig Märchen für Kinder sind. Essig drückt es so aus: „Sie lernen, das ist vielleicht das Wichtigste, dass es die Welt des Fantastischen gibt, in der Unglaubliches möglich, ja ganz üblich ist, und lernen damit, die Welt der Realität freier zu betrachten, als nicht ganz festgelegt. Im besten Fall lehren Märchen als Teil der Literatur also eine Form von Freiheit.“ Gibt es eine schönere Aufforderung, Märchen zu lesen und vorzulesen? soRolf-Bernhard Essig: Ach, wie gut, dass niemand weiß …, Dudenverlag, 168 Seiten, 12 Euro.