Die KI ist mit technischen Möglichkeiten wie Kameras, Mikrofonen, Sensoren ausgestattet, um die Räume zu temperieren und zu reinigen, und um ihre Bewohner zu begleiten, man könnte auch „überwachen“ sagen. Sie kann aufgrund ihrer gesammelten Daten und programmierten Algorithmen aus physischen Reaktionen sogar emotionale Zustände erkennen, die sie sachlich interpretiert.
Das zu lesen, ist durchaus amüsant und des Nachdenkens wert. Zum Beispiel, wenn sie analysiert, wieso Geld als Geschenk nicht funktionieren kann. Eine Künstliche Intelligenz erkennt, dass nur ein wohlüberlegtes individuelles Geschenk ein Liebesbeweis ist.
Wir erleben die Hauptpersonen der Erzählung in der Vorweihnachtszeit, auch wenn dieses Fest nur einem alten einsamen Wissenschaftler noch etwas sagt, der sich dem Einfluss der KI weitgehend entzieht. Für ihn haben im Gegensatz zu den anderen Bewohnern Bücher noch nicht ihren Nutzen verloren und auch nicht die Traditionen.
In dieses von der leistungsfähigen KI gesteuerte Haus dringen plötzlich ebenfalls mit modernster Technik und Know-how ausgestattete Gangster ein, die versuchen, ein Kind zu entführen, um damit dessen Vater zu erpressen. Und dann geschieht etwas sehr Eigenartiges. Die KI – darauf definiert, Menschen zu schützen – entwickelt ein ganzes Szenario von Handlungsabläufen, um das Kind zu verbergen, die für sich rational begründet sind, aber immer mehr emotionale Dimension bekommen.
Plötzlich werden Menschliches und Künstliches miteinander verbunden, in einer Harmonie, die auch das Göttliche einschließt. Schließlich sind wir kurz vor Weihnachten, wodurch der Titel auch eine doppelte Bedeutung bekommt.
Dem Autor ist hier eine klassische Weihnachtsgeschichte gelungen, obwohl sie uns einige Generationen voraus ist. Die Handlung ist völlig auf die Beziehungen zwischen den Menschen ausgerichtet, aber irgendwie gehört die KI mit zu ihnen, sie steht weder über noch neben den Menschen, wird zum Partner. Soziale und politische Konflikte spielen in „Das verborgene Kind“ keine Rolle. Schön wäre es, wenn die Zukunft auch das mit sich brächte. Matthias VoßTitus Müller: Das verborgene Weihnachtskind. edition chrismon, Evangelische Verlagsanstalt Leipzig, 2024. 112 Seiten.