Was war geschehen, was ist ihnen widerfahren, so kurz bevor der Krieg hier zu Ende war? Denn die Rote Armee erreichte Teetz/Ganz wenig später am 1. Mai 1945.
Ein bewölkter, kühler Tag im Frühling – es ist Montag, der 23. April 1945, am späten Nachmittag. Günter Lehmann, Jahrgang 1935, war mit Altersgenossen in seinem Heimatort Wulkow zwischen Teetz und Sechzehneichen am Rand der Hauptstraße unterwegs.
Auf einmal halten die Jungen inne: Aus Richtung Schönberg nähert sich langsam mit dumpfem, sonorem Brummen ein großes Flugzeug. Es ist ganz anders als die sich an der damaligen Reichsstraße 5 orientierenden, sehr hoch fliegenden amerikanischen Bomberflotten auf dem Weg nach Berlin: eine Junkers 52, gut erkennbar an ihren drei mächtigen Sternmotoren, überquert kaum 500 Meter hoch Wulkow in Richtung Teetz.
Bei Kaffee und Kuchen und sichtlich bewegt berichtet Günter Lehmann dem Verfasser von diesem Kindheitserlebnis. Manfred Teske, Bodendenkmalpfleger aus Wusterhausen/Dosse, hatte bekannt gemacht und beim Besuch zu Hause, nun in Kyritz, wird im Beisein von Frau Lehmann und Herrn Teske viel gefragt und viel erzählt.
Nicht alles war damals zu sehen – der Blick wurde durch Gebüsch und Häuser beeinträchtigt. Und Erinnerungen nach so langer Zeit sind schwankend und lückenhaft. Als die Ju-52 in Richtung Teetz entschwand, zog sie immer tiefer fliegend eine dunkle Wolke hinter sich her. Zuvor war das Geräusch einer Bordkanone zu hören und ein deutscher Jäger (mutmaßlich eine Messerschmitt 109) hinter dem großen Flugzeug zu sehen. Bald wies eine steil aufsteigende Rauchsäule am Horizont in Richtung Ganz, wo der Flug der Ju 52 sein Ende gefunden hatte.
Lehmann machte sich sofort, wie vermutlich auch andere Kameraden, auf den Weg. Er war als Junge immer viel im Freien unterwegs, kannte sich aus. Nach kaum einer Stunde hatten sie die Absturzstelle im damaligen Ganzer Gutswald (benannt nach dem dortigen Rittergut des Max Graetz) erreicht. Es waren schon Feldgendarmen mit Krädern vor Ort, die das Gelände absperrten, bald unterstützt durch Luftwaffenangehörige vom damaligen Fliegerhorst Wittstock bei Alt Daber.
Die Jungen sahen, trotz Absperrung, das Wrack. Der vordere Teil steckte unkenntlich und brennend tief im Waldboden, dahinter der zerborstene mittlere Rumpf und der hintere Teil mit Höhen- und Seitenleitwerk, der schräg nach oben ragte. Weitläufig lagen überall verstreut Trümmer, Gepäck, Kisten, Akten und ein Kinderwagen. Weitere schaurige Details gehören nicht hierher. Die Absturzstelle wurde beräumt, alle Spuren bald gründlich beseitigt. Noch brauchbare Wellblechteile sollen später von Ganzer Jugendlichen mitgenommen und als Baumaterial für Stallungen verwendet worden sein.
Die Toten wurden vermutlich am 25. April 1945 in zwei großen Holzkisten auf dem nahe gelegenen Ganzer Friedhof anonym bestattet. Das Grab war nur mit einem Holzkreuz gekennzeichnet. Als das Land Brandenburg im Jahr 1999 Fördermittel für Kriegsgräber zur Verfügung gestellt hatte, wurde es von der Stadt Kyritz in den heutigen Zustand mit einem großen Grabstein und Heckenbepflanzung umgestaltet, so berichtete damals das Kyritzer Tageblatt.
Das Sterberegister weist die fünf Männer als Angehörige der Luftwaffe aus. Bei den jungen Frauen handelt es sich vermutlich um Luftwaffenhelferinnen. Erstellt wurden die Urkunden nach kurzem schriftlichen Hinweis an das damalige Standesamt in Teetz durch den Fliegerhorst Wittstock offenbar kurz nach dem Absturz. Weitere gesicherte Informationen gibt es nicht.
Im Rahmen der Orts- und Heimatgeschichte ist es für den Chronisten jedoch interessant, mehr über die Hintergründe zu erfahren. Die Ju 52, als Kuriermaschine eingesetzt, soll vom Flugplatz Berlin-Staaken gekommen sein. Welches Ziel hatte dieser Flug? Stimmt es, was Zeitzeugen angegeben haben: die Maschine soll „von den eigenen Leuten abgeschossen“ worden sein? Welchen Grund könnte das so kurz vor Kriegsende gehabt haben – ein Irrtum, eine Verwechslung, Fahnenflucht?
Amtliche oder zeitgenössische private Unterlagen waren dem Verfasser bislang nicht zugänglich. Wer weiß etwas über die Insassen, den Flug oder die Ursache des Absturzes? Denkbare Quellen – neben amtlichem Schriftgut – könnten zum Beispiel sein: alte Tagebücher, Briefe, Fotos, Fotoalben und natürlich die Erinnerung von Zeitzeugen, so wie die von Herrn Lehmann. Thomas WölkerDer Verfasser würde sich über alle sachdienlichen Hinweise sehr freuen. Hier sind die Kontaktdaten: Dr. Thomas Wölker, E-Mail: thwoelker@googlemail.com,
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