Das gelbe Wunder
Die Nachtkerze ist eine Pflanzemit vielen Besonderheiten

Tagsüber geschlossen, öffnen sich die Blüten der Nachtkerze abends in wenigen Sekunden.Foto: Adobe Stock/Neils
In Gärten tritt sie manchmal als wilde Besucherin auf, herübergewandert aus der Feldflur, andere erwerben sie bewusst im Gartenfachhandel: die Nachtkerze. Wer sie in seinem Garten wachsen lässt, wird mit abends sich entfaltenden, leuchtend gelben Blüten belohnt, die eine ungewöhnliche Strahlkraft entfalten. Hinzu kommt ein angenehm süßlicher Duft.

Ursprünglich ist die Gewöhnliche Nachtkerze (Oenothera biennis) nicht in Mitteleuropa heimisch. Das zweijährige Gewächs stammt wie alle rund 200 Arten der Gattung der Nachtkerzen aus Nordamerika und wurde zu Beginn des 17. Jahrhunderts als Zierpflanze hierhergeholt. In Gärten und Parks kultiviert, hat sie sich dann als Neophyt ausgebreitet, gilt inzwischen als heimisch. Die Pflanze ist extrem robust, kommt gut mit wenig Feuchtigkeit aus und besiedelt gerne raue Standorte wie Straßenränder oder Bahndämme. Auch im Garten benötigt sie keine Pflege und entwickelt sich vor allem an sonnigen Standorten gut.

Im ersten Jahr bildet die Nachkerze eine eher unscheinbare Blattrosette mit einer etwa 20 Zentimeter langen Pfahlwurzel aus. Erst im zweiten Jahr entwickelt sich dann der kräftige Stängel, der eine Höhe von 1,50 Meter erreichen kann und an dem sich die Blüten bilden. Wer ein wenig Geduld mitbringt, kann am Abend das faszinierende Schauspiel der sich öffnenden Blütenkelche beobachten. Tagsüber harren diese sozusagen in Wartestellung aus. Ist dann der passende Zeitpunkt gekommen, klappen sich innerhalb weniger Sekunden ihre kräftig gelben Blütenblätter nach außen. Diese Schnelligkeit beim Aufblühen ist einzigartig.

Erst mit geöffneten Blütenkelchen verströmen die Nachtkerzen ihren Duft. Er soll Insekten anlocken, insbesondere Nachtfalter, die mit ihren langen Rüsseln an den Nektar herankommen. Jede befruchtete Blüte bildet Tausende von Samen, aus denen sich im folgenden Jahr jeweils wieder kleine Nachtkerzen entwickeln. Manche Samen überdauern aber auch sehr lange und treiben erst nach mehreren Jahren aus. Wer also in seinem Garten einmal eine Nachtkerze zur Samenbildung kommen lässt, wird die Pflanze später an vielen Stellen wiederfinden.

Aber keine Angst: Nachtkerzen lassen sich leicht ausreißen. Spätestens im zweiten Jahr, wenn sie zu stattlicher Größe heranwachsen, übersieht man sie nicht und kann den Bewuchs auf das gewünschte Maß reduzieren. Die Pflanze wird also nicht den ganzen Garten überwuchern.

Die Blüten der Nachtkerze sind übrigens essbar. Sie können zum Beispiel verwendet werden, um Salate zu dekorieren. Früher soll auch die Wurzel als Gemüse zubereitet worden sein. Ökonomische Bedeutung hat die Nachtkerze heute vor allem als Lieferant des Nachtkerzenöls, das aus den Samen bereitet wird und in der Naturheilkunde etwa zur Behandlung von trockener Haut, Neurodermitis und Akne genutzt wird, bei Gelenkschmerzen und gegen Wechseljahresbeschwerden. Wirksame Bestandteile des Öls sind unter anderem Gamma-Linolensäure, Vitamin E sowie Poly­phenole. net
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