Fit für die Digitalisierung
Ausbildungsbetriebe profitieren von den Digitalkompetenzen des Nachwuchses

Digitale Lösungen erleichtern die Arbeitsabläufe. Foto: Adobe Stock/Robert Kneschke
Brandenburg. Ob bei der Bedienung von Software, bei der Formulierung von Social Media-Posts oder im Umgang mit Cloud, IoT (Internet der Dinge) und KI: Mehr als die Hälfte der Ausbildungsbetriebe im Handwerk lässt sich bei der Digitalisierung von ihren Azubis helfen (54 Prozent). 44 Prozent setzen digitale Technologien umgekehrt gezielt zur Gewinnung von Nachwuchs ein, indem sie ihre Ausbildungsplätze digital aufwerten und so attraktiver gestalten. Acht von zehn Ausbildungsbetrieben machen sich darüber hinaus die Möglichkeiten digitaler Medien zunutze, um potenzielle Auszubildende direkt anzusprechen (80 Prozent) – beispielsweise über soziale Netzwerke oder Videospiele.

Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Studie im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, für die 504 Handwerksunternehmen in Deutschland befragt wurden. Die Befragung wurde anlässlich des Ausbildungsstarts im September durchgeführt. „Zur Gewinnung junger Talente führt für Handwerksbetriebe kein Weg an digitalen Medien vorbei“, sagt Bernhard Rohleder, der Hauptgeschäftsführer des Digitalverbands Bitkom.

Ohne digitale Technologien verlieren Unternehmen den Wettbewerb um Fachkräfte – da ist sich über die Hälfte aller deutschen Handwerksunternehmen einig (54 Prozent). Gezielt in Fort- und Weiterbildung der Mitarbeitenden zu Digitalthemen investieren allerdings erst vier von zehn Unternehmen. Immerhin mehr als ein Drittel setzt zu Weiterbildungszwecken zumindest digitale Systeme und Plattformen ein (38 Prozent), beispielsweise in Form von Webinaren. Und auch das Bewusstsein für die Bedeutung digitaler Kompetenzen ist im Handwerk inzwischen weit verbreitet: Drei Viertel der Betriebe sind der Ansicht, ihre Mitarbeitenden bräuchten mehr Digitalkompetenz (76 Prozent), vor drei Jahren war erst rund die Hälfte dieser Meinung (2022: 56 Prozent).

Welchen Herausforderungen steht das Handwerk grundsätzlich gegenüber? Neben hohen Kosten für Energie (81 Prozent) und Material (59 Prozent) sind vor allem fehlende Auszubildende und Fachkräfte ein Thema. 83 Prozent der Unternehmen beklagen einen Auszubildenden- und 75 Prozent einen Fachkräftemangel. Knapp die Hälfte hat mit der Unternehmensnachfolge zu kämpfen.

Digitalisierung und IT-Sicherheit stellen bei jeweils sechs von zehn Handwerksbetrieben eine Herausforderung für das eigene Unternehmen dar. Mit Blick auf die Hemmnisse der Digitalisierung in der Handwerksbranche im Allgemeinen nennen fast alle Betriebe Bedenken hinsichtlich IT- und Datensicherheit sowie Datenschutz (96 Prozent), sieben von zehn sehen die Digitalisierung durch hohe Investitionskosten gebremst. Etwa sechs von zehn geben außerdem an, dass ihr eine mangelnde Praxisreife der Technologien im Weg stünde. Auch die mangelnde Digitalisierung von Behörden und Verwaltung identifizieren knapp zwei Drittel der Handwerksunternehmen als Hürde für die Digitalisierung der Branche (63 Prozent). Auf den zweiten Blick fällt allerdings auf, dass sich betriebsintern ebenso Hindernisse finden: sechs von zehn Betrieben sehen eine mangelnde Digitalkompetenz der Mitarbeitenden, die Hälfte klagt über eine unzureichende Internetversorgung. „Über 99 Prozent der deutschen Haushalte sind mit 5G versorgt, seit Mitte 2025 steht jedem zweiten Haushalt ein Glasfaseranschluss zur Verfügung, und der Ausbau soll bis 2030 abgeschlossen sein – die Netzanbindung darf für eine stockende Digitalisierung kein Grund mehr sein“, sagt Rohleder. An einer fehlenden Nachfrage nach digitalen Angeboten scheitert die Digitalisierung des Handwerks aber nicht: Lediglich zwei von zehn Unternehmen beobachten ein mangelndes Interesse an digitalen Lösungen auf Kundenseite.

Die Potenziale der Digitalisierung schlagen sich inzwischen auch in den Leistungen des deutschen Handwerks nieder: Denn immerhin 85 Prozent bieten mindestens einen digitalen Service an. Darunter fallen beispielsweise der digitale Angebots- (68 Prozent) oder Rechnungsversand (62 Prozent), aber auch die Online-Terminbuchung (48 Prozent), die Online-Beratung (35 Prozent) oder die Möglichkeit der Bezahlung über einen Online-Zahlungsdienstleister (27 Prozent).

Eine digitale Technologie, deren Möglichkeiten im Handwerk bisher besonders wenig ausgeschöpft werden, ist die Künstliche Intelligenz: Sie wird derzeit erst in vier Prozent der deutschen Handwerksbetriebe eingesetzt, und lediglich etwa jeder zehnte Betrieb befindet sich dahingehend in Planungen (neun Prozent). Jeweils ein Drittel gibt an, dass die Technologie Geschäftsmodelle im Handwerk vollständig verändern wird und dass KI bei frühzeitigem Einsatz einen Wettbewerbsvorteil für Handwerksunternehmen bedeutet. „Der Fachkräftemangel ist das drängendste Problem im deutschen Handwerk. Künstliche Intelligenz kann helfen, die so entstehenden Engpässe abzufedern“, so Rohleder. „Jeder Handwerksbetrieb sollte sich mit KI beschäftigen.“

Andere digitale Technologien erfreuen sich im Vergleich dazu größerer Beliebtheit – allen voran Cloud-Anwendungen, die im Handwerk bereits von mehr als der Hälfte der Betriebe genutzt wird (56 Prozent). Mit etwas Abstand folgen Tracking-Systeme (20 Prozent), Anwendungen zur vorausschauenden Wartung (17 Prozent) und smarte Software zur Organisation der Arbeits- und Geschäftsprozesse (17 Prozent), die jeweils bei etwa einem Fünftel der Unternehmen zum Einsatz kommen. Seltener wird Gebrauch von 3D-Technologien (zwölf Prozent), dem Internet of Things (elf Prozent), Drohnen (zehn Prozent) oder Robotern (sieben Prozent) gemacht. so
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