Ein schöner – und gesunder – Brauch aus Spanien / Lateinamerika. Die „uvas de la suerte“ (Glückstrauben) gehören dort fest zur Silvesternacht. Zwölf Trauben, zwölf Monate, zwölf kleine Wünsche. Statt Glück im Akkord zu essen, kann man das Ritual modernisieren. Zu jeder Traube sagt man leise ein Wort, das man im kommenden Monat stärken will: Klarheit, Mut, Freundschaft. In der Gruppe wird daraus schnell ein heiteres, aber verbindendes Mini-Ritual.*
Kurzes, strukturiertes Schreiben am Jahresende kann Stress senken und den Fokus sortieren. Die amerikanische Psychotherapeutin Molly Merson, bekannt für ihre „Journaling“-Methoden, empfiehlt zum Beispiel drei Fragen:
1. Was waren meine wichtigsten Momente dieses Jahres?
2. Was wünsche ich mir fürs nächste Jahr?
3. Was will ich loslassen?
Allein ist es ein ruhiger Moment für sich selbst. In der Gruppe reichen schon ein bis zwei freiwillig geteilte Sätze, um das Gefühl zu erzeugen: Wir starten hier gemeinsam.
Der Brauch ist simpel, aber herrlich symbolisch. Man steigt kurz vor Mitternacht auf einen Stuhl und springt mit dem Jahreswechsel hinunter – als körperliches „Ich gehe jetzt vorwärts“. In der Gruppe wird daraus eine kleine Parade des Mutes. Bonus: Wer laut „Tschüss, altes Jahr!“ ruft, bekommt Extra-Punkte für Enthusiasmus.
Ein Ritual, inspiriert von der mexikanischen „el año viejo“-Silvestertradition, bei der eine Strohpuppe, die das schlechte oder alte Jahr repräsentiert, verbrannt wird, um Unglück zu vertreiben. Der Kern des Feuer-Rituals ist immer ähnlich: Zum Beispiel kann man auf kleine Zettel schreiben, was man loslassen möchte – alte Sorgen, nervige Angewohnheiten. Dann werden die Zettel in einer feuerfesten Schale verbrannt (Sicherheit geht vor: draußen machen!). In kleiner Runde fällt es oft leichter, laut einen Satz zu sagen: „Ich lasse los, dass …“ – und dann beim Aufflammen einmal tief durchzuatmen.
Ein skandinavischer Neujahrsbrauch: Alle schreiben einen Wunsch oder eine Intention fürs neue Jahr auf ein eingerolltes Papier, legen das Papier in die Mitte – und dann wird gezogen. Die Wünsche bleiben anonym, die Stimmung wird leise-magisch. Besonders schön in Gruppen, die sich gut kennen. Man hört Wünsche, die man nicht zuordnen kann, aber vielleicht selbst gerne hätte.
Studien zeigen: Das Teilen positiver Erlebnisse steigert das Wohlbefinden, besonders in Gruppen. Jede Person nennt drei Highlights des vergangenen Jahres. Die Runde antwortet jeweils mit einem freundlichen Satz („Das zeigt echten Mut“, „Wie schön – das klingt nach Wachstum“). Klingt simpel, ist aber verblüffend wirksam. Man verlässt die Runde leichter, größer und ein kleines bisschen brillanter als vorher.
Ob mit Feuer, Früchten oder Worten – Rituale müssen nicht groß sein, um große Wirkung zu entfalten. Ein paar Minuten reichen oft, damit das alte Jahr einen guten Abschluss bekommt – und das neue mit einem gut durchgelüfteten Kopf beginnen kann.
*Apropos Trauben: Wer den Jahreswechsel oder den Neujahrstag gemütlich auf der Couch mit Serien-Genuss verbringen mag und sich für episodisch erzählte (Liebes-)Geschichten begeistern kann, dem sei die spanische Serie „Ana und Oscar“ (verfügbar in der Arte-Mediathek) ans Herz gelegt. Die Geschichte zweier Menschen, die sich an Silvester kennenlernen, (unter anderem) gemeinsam Trauben essen – und deren Story über zehn Jahre, immer am ersten Tage eines Jahres, in Zeitsprüngen erzählt wird. Eine bitter-süße Geschichte über das Erwachsenwerden. Über Identität, Lebenswege, das Verlieren und das (Wieder-)Finden.
Stephanie Drees