Wenige Interviewer verstehen es, so hartnäckig und zugleich einfühlsam auf ihre Gesprächspartner einzugehen wie Arno Luik.

Der 1955 geborene Journalist provoziert, nervt, versucht, hinter die Fassade zu schauen. „Ich finde es nicht schlimm, ein Rätsel zu sein“, hatte ihm Angela Merkel einst geantwortet. Seine Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner kommen aus Politik und Wirtschaft, Unterhaltung und Sport, dem Gerichtssaal oder Wissenschaft. Mal sind sie sehr prominent, wie Roland Kaiser oder Ferdinand von Schirach, andere stehen weniger im Rampenlicht. Gore Vidal hat seine Kindheit inmitten der reichsten Amerikaner verbracht, Thomas Buergenthal im KZ Auschwitz.

In diesem Sammelband sind nicht nur Interview aus mehr als zwei Jahrzehnten zusammengefasst. Zugleich beschreibt Luik die Entstehungsgeschichte und die Umstände, unter denen die Gespräche stattfanden. Besonders ragt wohl das von 2015 mit dem griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis heraus, dass unter anderem der Hilfe von Motorrädern bedurfte.

Die Interviews wurden bearbeitet und von den Gesprächspartnern freigeben, dennoch sind sie sehr lebendig, mitunter sehr kontrovers, aber nie respektlos. Der Autor beschreibt und belegt, wie er manchmal um jedes Wort kämpfen musste. Sie verraten sehr viel über die Menschen, die er traf. Aber ein zusätzlicher Gewinn ergibt sich für die Leser daraus, dass man heute diese Interviews mit zeitlichem Abstand lesen kann.

Das Interview mit Angela Merkel wurde 2000 geführt, bevor sie Bundeskanzlerin wurde, heute haben wir die Jahre ihrer Kanzlerschaft in Erinnerung und denken an das Bild der heutigen Bundesregierung. Auch Sahra Wagenknecht sehen wir heute anders als 2010. Und wie war das mit Markus Lanz und „Wetten das“?

Diese 21 Interviews sind mal unterhaltsam, mal berührend, sie behandeln amüsante Details wie die Unterwäsche von Barbara Schöneberger ebenso wie Grundsätzliches um soziale Revolten, um AIDS, Demenz und Sexualaufklärung, sie bleiben am Thema, vermitteln dadurch Wissen um Zeiten, Personen und Zusammenhänge.

Die Texte sind nicht von Medienberatern zu nichtssagenden Sätzen glattgebügelt, weniger rücksichtsvoll als die berühmten Gespräche, die Günter Gaus „Zur Person“ führte, es lohnt sich, sie zu lesen. rv

Luik, Arno: „Als die Mauer fiel, war ich in der Sauna“. Westend Verlag, 2022.