Folgt man dem Titel des Buches von Isobel Markus, müsste es „ausgefallene Leuchtbuchstaben“ heißen, denn genau diese waren ihrer Tochter beim Spazierengehen aufgefallen: „Ba_markt“, „___neiderei“ oder „_potheke“. Vielleicht erinnert sich mancher Leser selbst an solche dunklen Stellen in den Leuchtreklamen auf nächtlichen Straßen. Aufgefallenes festzuhalten, das ist das Anliegen der Autorin, die einst aus Celle zum Studium nach Berlin kam und geblieben ist. Sie erzählt kleine pointierte Alltagsgeschichten, wie sie in der Hauptstadt oder auch anderswo geschehen können, Alltagsgeschichten, in denen doch Besonderes liegt, Überraschendes, mitunter Heiteres, auch Besinnliches. Sie sind Zeugnis des Lebensgefühls unserer Zeit und zugleich ihrer Vielfalt. Da ist der Bibliothekar, der auch gerne Wohnungen verleihen würde, der „Wisskie mit Schinscha Ehl“ in Zehlendorf, da sind die „Brausepulvereinkaufsgespräche“. Manchmal sind es nur wenige Sätze, kurze Wortwechsel, aus denen sich vielleicht ein Roman stricken ließe. Zufällige Begegnungen, in der U-Bahn, im Späti, auf der Straße. Vorurteile werden infrage gestellt. Die Geschichten ermutigen, einen zweiten Blick zu riskieren. Miteinander ins Gespräch zu kommen, so weiß und beschreibt es Isobel Markus, ist oft gar nicht so schwer. Haustiere, Töchter, der Einkaufskorb, Schrauben im Baumarkt, Erziehungsstile, Schönheitsprogramme – Anknüpfungspunkte gibt es immer, über die Generationen hinweg.
Obwohl die Texte kurz sind, verführen sie zum Innehalten, Erinnern, Nachdenken, Lachen. Eine lebenskluge, freundlich-unterhaltsame Lektüre, gut unterwegs oder zwischendurch zu lesen oder zu verschenken. Nach dem ersten, in den Corona-Jahren entstandenen Band folgte schnell ein zweiter. rvMarkus, Isobel: Stadt der ausgefallenen Leuchtbuchstaben. Neues aus der Stadt der ausgefallenen Leuchtbuchstaben. Beide erschienen beim Quintus-Verlag, Berlin.