Mit 79 Jahren in den Ruhestand
Klaus Dahlke verabschiedet sich aus der Therme Bad Wilsnack – Berufe vom Bäcker bis zum Saunameister

Klaus Dahlke aus Lenzen ist in seinem 80. Lebensjahr und hat bis zuletzt – über 60 Jahre lang – gearbeitet.Foto: Marcus J. Pfeiffer
Lenzen. Klaus Dahlke aus Lenzen hat seinen letzten Arbeitstag absolviert. Hinter ihm liegen 64 satte Berufsjahre. Mit 79 Jahren verabschiedete er sich Ende vergangenen Monats aus der Kristall-Therme in Bad Wilsnack, wo er seit 2011 zunächst als Schwimmmeister und später als Saunameister gearbeitet hat. „Zu Hause fiel mir die Decke auf den Kopf. Ich musste was tun“, beschreibt er seinen Einstieg in den Betrieb kurz nach der Eröffnung der neuen Salzsee-Therme.

Doch sein Berufsleben begann schon viel früher, nämlich 1961. In diesem Jahr trat Klaus Dahlke seine Bäckerlehre an, die er nach seiner Rückkehr in die Prignitz in der Konsumbäckerei in Lenzen beendete. Er arbeitete anschließend im Kombinat für Geologische Forschung und Erkundung der DDR und war in der Kreisleitung der FDJ tätig. Doch dort hielt es ihn nicht lange. „Ich war kein Widerstandskämpfer. Doch das war nicht meins“, sagt er rückblickend.

Der Sport begleitete ihn sein Leben lang. In seiner Jugend spielte er Fußball, schwamm und war in der Bezirksliga beim Volleyball aktiv. Mit 35 Jahren begann er zu kegeln. „Das mache ich heute noch, aber nicht mehr so aktiv.“ Es reichte für Platz zwei bei einer Deutschen Meisterschaft und zuletzt für den Titel des Kreismeisters. Über den Sport und seine FDJ-Zeit fand er den Weg in den Beruf, der ihn bis ans Ende seiner Arbeitszeit begleitete: Schwimmmeister. Als Rettungsschwimmer war er ausgebildet. 1967 begann er in der Badeanstalt am Rudower See in Lenzen zu arbeiten und blieb bis 1984.

Zwischenzeitlich wechselte er in ganz andere Tätigkeiten. Er verkaufte Eis, leitete den Kiosk an der Badeanstalt in Lenzen, machte eine Ausbildung zum Gaststättenleiter, holte den Abschluss der zehnten Klasse nach und leitete die Gaststätte „Lindengarten“ in Weisen mit großem Saal, wo regelmäßig Musikabende stattfanden.

Schließlich wagte er einen weiteren Schritt in die Selbstständigkeit. Er übernahm das Ferienhaus Seeende in Lenzen, damals noch betrieben vom Zellstoffwerk in Wittenberge. Erst war er Pächter, später Eigentümer.

„Das wollte ich eigentlich bis zur Rente machen.“ Doch die Währungsunion änderte alles. „Zu diesem Zeitpunkt hatte ich neun Angestellte, von der Küche bis zum Hausmeister.“ Die Kosten stiegen, die Gästezahlen gingen zurück. Das Ferienhaus musste schließen.

Er ging danach nach Gorleben im Landkreis Lüchow-Dannenberg. Zehn Jahre arbeitete er dort in einer Gaststätte. „Da habe ich die Demos und das große Polizeiaufgebot hautnah mitbekommen, als es um die Zwischenlagersuche für Atommüll ging. Es gab Tage und Wochen, da kam ich nur mit einem Passierschein zu meiner Gaststätte.“ Dann zog er die Reißleine. Ein Schuldenberg hatte sich aufgebaut, er musste seine Lebensversicherung auflösen, um über die Runden zu kommen. Es folgte eine schwere Zeit. Klaus Dahlke lebte von Arbeitslosengeld und kehrte als Eisverkäufer in die Badeanstalt in Lenzen zurück, wo er schon seit zwei Jahren noch während seiner Zeit in Gorleben jobbte. „Ich bin in der Prignitz umhergeirrt, habe Straßen gefegt und als Hausmeister gearbeitet“, erzählt er. Dann erinnerte er sich an seine frühere Tätigkeit als Schwimmmeister. Mit 57 Jahren begann er einen dreiwöchigen Aufbaulehrgang. „Ich war mit Abstand der Älteste, der ihn belegt hat“, erinnert er sich. Zwei Sommer lang arbeitete er in Hitzacker, 2006 wechselte er zu Lutz Lange in die Bäderwelt nach Wittenberge. Dort blieb er bis zur regulären Rente. Doch ans Aufhören war nicht zu denken. Weitere 14 Jahre arbeitete er in der Kristall-Therme in Bad Wilsnack. „Ich glaube, der Sport hat mich fit gehalten“, sagt er. Bis heute fährt er zwei- bis dreimal in der Woche zwischen 50 und 60 Kilometer mit dem Fahrrad. Auch der Kraftsport gehört dazu. „Ich habe immer noch eine Anlage bei mir zu Hause.“

Doch die Gesundheit setzte Grenzen. In seinen Füßen bildete sich Arthrose, zwei Stents wurden eingesetzt. „Langes Stehen fällt mir schwer. Ich bekomme dicke Beine. Das habe ich auch in den Schichten in der Therme gemerkt. Ich war einfach kaputt.“ Deshalb entschloss er sich, Schluss zu machen – mit einem letzten Aufguss in der Sauna.

Klaus Dahlke war bei den Gästen beliebt, weil er die Aufgüsse anders gestaltete. „Anstatt nur zu wedeln, habe ich die ganze Zeit geredet – über Hafer, Kaffee und andere Dinge.“ Dafür bereitete er sich akribisch vor, führte dadurch viele Gespräche und knüpfte Freundschaften. „Am letzten Tag hatte ich schon Tränen in den Augen.“ An die Zeit nach dem Arbeitsleben geht Dahlke mit Gelassenheit heran. Vor einem Jahr hat er seine Freundin kennengelernt. „Wir sind frisch zusammen. Ich hätte nie gedacht, dass es noch einmal so kommt.“ Gemeinsam wollen sie etwa den Garten genießen. „Lesen ist meine Leidenschaft.“ Auch Ausflüge sind noch geplant, und natürlich bleibt der Sport. „Große Pläne habe ich aber keine.“ Marcus J. Pfeiffer



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