Ein Plädoyerfür die Diplomatie

Cover: Verlag

Wenn sich ein so erfahrener Diplomat wie Martin Kobler in diesen Tagen über das Weltgeschehen äußert, darf man gespannt sein. Kobler hat in den letzten vierzig Jahren zahlreiche Höhen und Tiefen der internationalen Politik nicht nur erlebt, sondern aktiv mitgestaltet. Er war „auf Posten“ an Brennpunkten vor allem in Asien und Afrika, teils eingebunden in bürokratische Strukturen und die verschlungenen Wege der deutschen Außenpolitik, teils auf Mission mit direktem Auftrag des UN-Generalsekretärs. „Act, don’t ask!“ war die Order von Ban Ki-moon.

Am Tag, an dem der Friedensnobelpreis für 2025 an die venezolanischen Oppositionspolitikerin María Corina Machado vergeben wurde, erschien das Buch „Weltenbeben“. Koblers Erfahrungen und Erlebnisse, reich an Details und mitunter von der Spannung eines Thrillers getragen, führen von lange zurückliegenden Ereignissen immer bis hin ihren Auswirkungen in der Gegenwart. Der Autor widmet sich den Beziehungen zwischen Russland, China und den USA ebenso wie dem Verhältnis von Israel und Palästina, Libyen, Afghanistan oder dem Kongo. Immer stand er an vorderster Front. Er beschreibt und analysiert ungeschönt und spricht schonungslos über Fehler der Vergangenheit. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Rolle der Vereinten Nationen und Europas in internationalen Prozessen und den Überlegungen, welche Positionen sie künftig einnehmen könnten. Seine Denkansätze und Vorschläge sind konkret, sein Vertrauen in die Diplomatie ungebrochen. Martin Kobler spricht von „vielen Bällen in der Luft“ und fordert Entschlossenheit statt Resignation. Im „Weltenbeben“ sieht er eine Chance für Europa. Er setzt darauf, dass die UNO-Charta endlich überarbeitet und an die Gegenwart angepasst wird, und darauf, dass nach acht Jahrzehnten endlich eine Frau an die Spitze der Vereinten Nationen tritt.

Sie könnte, hofft der Diplomat, einen aktiven, präventiven Beitrag zur Konfliktlösung leisten, wie einst Dag Hammar­skjöld: „Was mir besonders am Herzen liegt, ist das Zerfallen der Werteordnung, das Zerfallen der Multilateralität. Dies ist ein Buch gegen den Pessimismus, der allenthalben um sich greift. Es soll den Weg und das Licht am Ende des Tunnels aufzeigen. Ich verstehe es als ein kämpferisches Buch.“ rv

Kobler, M.: Weltenbeben. Europa Verlag München, 2025.

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