Kurz nach Erscheinen kam überraschend ein Anruf aus Berlin: Nachkommen der hier tödlich verunglückten Luftwaffenhelferin Lilli Wosnitzka waren durch Zufall und mithilfe des E-Papers vom Wochenspiegel aufmerksam geworden. Wenige Tage später gab es eine rührende Begegnung auf dem Friedhof von Ganz und anschließend lange Gespräche mit dem Verfasser: „Ach, wenn Vati diesen Tag mit neuen Informationen zum Schicksal der älteren Schwester doch noch erlebt hätte“, waren sich Nichte und Neffe von Tante Lilli einig. Früher kannte die Familie vom Hörensagen nur ungenaue Andeutungen, Tante Lilli wäre bei einem Flug von Berlin-Staaken aus in der Nähe von Stendal von der deutschen Flak abgeschossen worden. Mehrere alte Fotos und ein Brief wurden von den beiden Besuchern dem Verfasser überlassen.
Intensive Recherchen über diese Begegnung hinaus führten den Verfasser seit der letzten Veröffentlichung zu neuen Erkenntnissen. Manche der damaligen Annahmen, beruhend auf sehr weit zurückliegenden Erinnerungen von Zeitzeugen, mussten teilweise abgeändert werden. So handelt es sich bei der abgestürzten Maschine offensichtlich nicht um eine Junkers aus dem Hause Dessau (Ju 52), sondern um den etwas kleineren, aber auch als Kurier- und Transportflugzeug eingesetzten zweimotorigen Bomber des Rostocker Herstellers Heinkel (He111). Darauf deuten Erkenntnisse zu einem vor Jahrzehnten vorgefundenen Teil eines Triebwerksgehäuses: Es konnte Anhand einer eingestanzten Nummer eindeutig einem Reihenmotor (Jumo 211) zugeordnet werden. In der Ju 52 wurden diese Motoren nicht verwendet. Dort kamen ausschließlich Sternmotoren zum Einsatz (Bramo 323).
Auch der Absturz eines deutschen Jagdflugzeuges nordwestlich der Ganzer Nachbargemeinde Teetz, nahe der damaligen Pappelallee, am 26. April 1945 hat nichts mit dem Absturz der Maschine bei Ganz drei Tage vorher zu tun. Ein gelegentlich geäußerter Zusammenhang lässt sich nicht erkennen. Der gerade 21 Jahre alt gewordene Unteroffizier Günther Grube befand sich mit seiner Jagdmaschine Focke-Wulf 190 auf einem Überführungsflug von Berlin-Gatow in Richtung Rechlin (Lärz). Die Ursache des Absturzes ist unbekannt und auch der Sterbeurkunde nicht zu entnehmen. Dieser Soldat ist auf dem Friedhof in Teetz in einem schlichten Kriegsgrab mit Holzkreuz beerdigt. Was wirklich zum Absturz der He 111 bei Ganz geführt hat, wird sich vermutlich nicht mehr ermitteln lassen.
In den Wirren des Kriegsendes sind Aufzeichnungen verloren gegangen, vernichtet oder gar nicht erst gemacht worden.
Eine denkwürdige Besonderheit ist aber geklärt: Einer der Soldaten, dessen Name auf dem Grabstein in Ganz festgehalten ist, wurde von Pfarrer Helmut Weyer aus Wittstock am 29. Mai 1945 ganz sicher nicht dort beerdigt: Der Bordfunker Feldwebel Erich Becker hat den Krieg nach behördlicher Auskunft überlebt. Er wird nicht mitgeflogen sein, zumal mit Feldwebel Kurt Däberitz ein weiterer Bordfunker dabei war. Im Hinblick auf die in den Sterbeurkunden und im Kirchenbuch Ganz genannten Todesursachen der Insassen kann niemand diesen Absturz überlebt haben.
Wieso ist es zu seiner Todesmeldung ans damalige Standesamt Teetz durch den Fliegerhorst Wittstock (Alt Daber) gekommen? Das ist eine der vielen offenen Fragen.
In einem der letzten Briefe, den Lilli Wosnitzka am 26. Februar 1945 an ihre Mutter gerichtet hatte, schrieb sie: „Es ist furchtbar, daß es soweit gekommen ist. Hoffentlich gehts recht bald zu Ende. […] Nun alles Gute viele liebe Grüße an Dich und Papi Deine Lilli“.
Wie furchtbar und traurig, welche Bedeutung diese beiden Sätze nur wenige Wochen später für die junge Frau und die anderen Teilnehmer des Fluges hatten. Thomas WölkerEs ist der Schlusspunkt einer von vielen Tragödien, die in jenem Krieg, aber auch in allen anderen stattgefunden haben und stattfinden. Der Verfasser ist nach wie vor an Meldungen aus dem Leserkreis des Wochenspiegel interessiert, die Puzzleteile als Antworten auf die vielen offenen Fragen zum damaligen Geschehen sein können: Dr. Thomas Wölker, Tel. 033976/70460, E-Mail: thwoelker@googlemail.com