Während der Trend beim Rehbestand mit 15 Prozent in der Prignitz und auch in der Uckermark nach oben zeigt, sank diese Jagdstrecke im Landesdurchschnitt um sieben Prozent. Die Jagdstrecke ist die Bejagungsintensität von Tierarten, die auf Meldungen der unteren Jagdbehörden basiert. Sie dient als ein Indikator des Tierbestands in Wald und Flur. Sie hängt aber auch von weiteren Faktoren ab wie der Witterung, Tierseuchen, jagdrechtlichen Regelungen, der Interessenslage und Motivation der Jägerschaft.
Im Nachbarlandkreis Ostprignitz-Ruppin (OPR) wurden im Vergleich zu 2021/22 sogar 21 Prozent weniger Rehe geschossen. Andererseits bekamen die Jäger in OPR mehr Rothirsche vor die Flinte als anderswo: Während die Brandenburger Rotwilderträge um 15 Prozent abnahmen, hatte OPR die höchste Rotwildstrecke mit 830 Stück. Obwohl die Prignitz in absoluten Zahlen zurückliegt, erreichte sie mit 67 Prozent die landesweit größten Zuwächse bei der Bejagung der größten einheimischen Wildtierart. Auch das Havelland stand dabei mit einem Plus von 25 Prozent gut da.
Dass aber auch innerhalb der Landkreise die Verteilung unterschiedlich sein kann, zeigen die Zahlen des Jagdverbandes Pritzwalk, zu dem Gebiete in OPR gehören. Sein Vorsitzender Werner Sperling meldet weniger gute Zahlen. „Die Rehwildstrecke ist mit 1745 Stück gegenüber dem Vorjahr etwa gleich geblieben“, sagt er über sein Revier, die Rotwildstrecke nahm dort um etwa fünf Prozent auf 95 Stück ab.
In ganz Brandenburg gehen die Zahlen für die erlegten Wildschweine am stärksten zurück. Nach dem Allzeithoch aus dem Jahr 2020/21 hat sich die Schwarzwild-Strecke mit aktuell 45 550 Stück mehr als halbiert. Ausreißer ist wiederum der Landkreis Prignitz. Dort kamen die Weidmänner 2022/23 auf einen Zuwachs von 17 Prozent. Für den Raum Pritzwalk meldet Sperling einen Streckenzuwachs von 14 Prozent auf 1056 erlegter Tiere. Diese Entwicklung muss im Zusammenhang mit der Afrikanischen Schweinepest (ASP) gesehen werden. Vor diesem Hintergrund sind Jäger bereits seit 2018 zur verstärkten Bejagung des Schwarzwildes angehalten. Insbesondere an der Grenze zum von der Tierseuche betroffenen Mecklenburg-Vorpommern wurde die Wildschweinjagd in der Prignitz als Teil des damaligen ASP-Sperrbezirks forciert. Im Revier Pritzwalk sei laut Sperling eine Populationsreduzierung auf künftig nur noch fünf Prozent vorgesehen. Dabei seien moderne Schwarzwildfallensysteme zum Einsatz gekommen. Aber bei keinem der getöteten Tiere stellten Untersuchungen eine Infektion fest.
Mit der Bestandsverkleinerung hoffen die Verantwortlichen, die Infektionsketten vollständig zu unterbrechen und die Seuche auszutilgen. Dabei unterstützen sowohl das Agrarministerium als auch das Veterinärwesen die brandenburgische Jägerschaft seit dem Jagdjahr 2018/19 mit verschiedenen Abschussprämien und Aufwandsentschädigungen.
Für die gerade angebrochene aktuelle Saison liegen noch keine Zahlen vor“, sagt Sperling. „Es wird aber sicher – wie im Vorjahr – so sein, dass dort, wo der Wolf jagt, von den Jägern wenig Strecke gemacht wird. Wir schätzen, dass im Prignitzkreis etwa 100 Wölfe ihre Spur ziehen.“ Bereits jetzt haben die Rudel für eine vollständige Ausrottung von Muffelwild in der Prignitz und in OPR gesorgt. „Vor zehn Jahren kamen 90 Stück zur Strecke“, weiß der Jagdverbandsvorsitzende über sein Revier, wo einst um Putlitz 150 Wildschafe vorkamen.
Aber auch Positives kann Sperling berichten: Bei der Grünlandmahd konnten seine Mitglieder in 50 Einsätzen von vier verbandseigenen Drohnen 140 Rehkitze retten. Auch die Trophäe eines kapitalen 18-Enders, die Anfang November den Altar zur Hubertus-Messe in der Kirche von Silmersdorf schmückte, stammte aus der Waldhege. Dabei entdeckten Jäger den in einem Gatterdraht verfangenen Hirsch, den sie mit einem Schuss von seinen Leiden erlösten. Matthias Busse