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Meister Lampe

Der Feldhase: Im Märchen ein Angeber, in der Realität immer fluchtbereit

Brandenburg. Er ist das Vorbild für den Osterhasen und gehört zu den bekanntesten Wildtieren hierzulande: der Feldhase. Dabei ist es gar nicht so einfach, ihn in freier Wildbahn zu entdecken. Der Hase, durch seine langen Ohren vom Kaninchen zu unterscheiden, ist scheu und in Brandenburg selten geworden. Seine sprichwörtliche Schnelligkeit hilft ihm gegen seine Fressfeinde Marder, Fuchs und Greifvögel. Aber die intensive Landwirtschaft macht ihm zu schaffen. Denn er braucht Feldraine und Hecken als Lebensraum und Versteck. Fehlen die, hilft ihm auch die ebenso sprichwörtliche Fruchtbarkeit nicht.

Bis zu viermal im Jahr kann eine Häsin Junge zur Welt bringen. Als Fruchtbarkeitssymbol soll der Hase schon bei germanischen Riten rund um die Frühlingsgöttin Ostara eine Rolle gespielt haben, von deren Namen sich möglicherweise der Begriff Ostern ableitet. Die älteste schriftliche Erwähnung des Osterhasen als Überbringer der Ostereier findet sich 1682 in der Abhandlung „De ovis paschalibus – von Oster-Eyern“, die Johannes Richier und Georg Franck von Franckenau zugeschrieben wird. Dort heißt es, in einigen Gebieten Deutschlands würde der Osterhase Eier in Gärten verstecken, wo sie von Kindern zum Vergnügen der Erwachsenen eifrig gesucht würden.

Dabei ist der Hase im Märchen und in der Fabel kein Sympathieträger. Im Märchen „Hase und Igel“ aus der Sammlung der Brüder Grimm macht sich der Hase über die schiefen Beine des Igels lustig. Der Igel schlägt einen Wettlauf vor. Kaum sind sie losgerannt, macht der Igel kehrt. Am Ende der Strecke aber wartet seine Frau auf den Hasen und ruft: „Ich bin schon da.“ Der Hase ist empört: „Das geht nicht mit rechten Dingen zu. Noch einmal herum!“, und läuft die Strecke zurück. Dort aber wartet der Igel-Mann und ruft: „Ich bin schon da.“ Das wiederholt sich so lange, bis der Hase vor Erschöpfung tot zusammenbricht. Nicht Körperkraft setzt sich am Ende durch, sondern Kooperation.

Ganz ähnlich in der Fabel „Die Schildkröte und der Hase“ des altgriechischen Dichters Äsop. Der Hase verhöhnt die langsame Schildkröte. Diese fordert den Hasen zum Rennen auf. Der Hase hat die Schildkröte bald aus den Augen verloren und macht in seinem Übermut ein Nickerchen. Als er aufwacht, hat die stetig gehende Schildkröte das Rennen gewonnen.

In der Realität ist Meister Lampe, wie er auch genannt wird, allerdings kein großspuriger Angeber, sondern ein scheues Fluchttier. Gut getarnt versucht er, sich möglichst unsichtbar zu machen, bis er bei Gefahr plötzlich aufspringt und hakenschlagend flüchtet. Die Deutsche Wildtier Stiftung zählt seit 2014 regelmäßig die Feldhasen in einem Beobachtungsgebiet in Mecklenburg-Vorpommern. Gerade einmal fünf Tiere auf 100 Hektar wurden nachgewiesen. In Brandenburg seien die Zahlen ähnlich, so die Stiftung, während im nordwestdeutschen Tiefland der Bestand deutlich höher sei.

Mit dem Projekt „Hasenland“ erprobt die Deutsche Wildtier Stiftung auf 220 Hektar Grünland in der Gemarkung Schwichtenberg in Mecklenburg-Vorpommern eine hasenfreundliche Landschaftsgestaltung. Wesentlich ist dabei, dass die erste Mahd erst im Juli stattfindet, wenn die Junghasen schon vor den Maschinen flüchten können. Außerdem wird die Fläche von innen nach außen gemäht, auf chemische Düngung und Pflanzenschutzmittel verzichtet. Von der EU-Agrarpolitik fordert die Stiftung, der intensiven Landwirtschaft Grenzen zu setzen. Würden nur sieben Prozent der genutzten Agrarfläche als Blühstreifen unbearbeitet bleiben, könnte der Bestandsrückgang bei Arten wie dem Feldhasen gestoppt werden. net



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