Hilfe bei Problemen mitden Bandscheiben
Operationen sind nicht immer notwendig – Orthopädenplädieren für intensive Diagnostik

Rückenbeschwerden sind Massenphänomen.Foto: Adobe Stock/Kanea
prignitz. Mit bis zu einer halben Million Bandscheibenvorfällen jährlich zählen die Bindeglieder in der Wirbelsäule zu den häufigsten Auslösern von Rückenleiden. Durch Überbelastung, Verschleiß, Degeneration, genetische Faktoren sowie Übergewicht, aber vor allem durch häufiges Sitzen und wenig Bewegung können hier schnell Schäden entstehen.Mit 150 000 Eingriffen pro Jahr hatte zuletzt die Menge operativer Therapien Zweifel an der Angemessenheit hervorgerufen. Dabei gibt es Alternativen. „Durch moderne Diagnostikmöglichkeiten und Zeitdruck in der Gesellschaft, schnell wieder fit sein zu müssen, ist die Gewichtung der Faktoren für die Entscheidung zur Indikation einer Bandscheiben-OP anders als vor 20 Jahren“, sagt die brandenburgische Landesvorsitzende des Berufsverbandes für Orthopädie und Unfallchirurgie, Ulrike Fischer. Symptome wie Rücken- und Ausstrahlungsschmerzen über die Nerven ins Bein würden aber nicht immer von einer kaputten Bandscheibe hervorgerufen, sondern seien „multifaktoriell“, gibt sie zu bedenken. Fischer: „Vor die Therapie haben die Götter Untersuchung und Diagnose gestellt, so dass die Indikation einer OP immer unbedingt die Konsequenz der klinischen Symptome sein sollte.“Die Bandscheiben sind wasserhaltige, elastische Scheiben zwischen den Wirbelkörpern, die als Stoßdämpfer der Wirbelsäule fungieren. Durch tägliche Strapazen wie etwa eine aufrechte Haltung über lange Zeiträume verlieren sie zwar an Flüssigkeit, regenerieren sich aber in Ruhephasen. Durch permanente Belastungen, wie bei der aktuellen Lebensweise und den üblichen Beanspruchungen am Arbeitsplatz, verlieren sie an Flüssigkeit. Daher sind Bandscheibenschäden zur Massenkrankheit geworden. Mit 300 000 Bandscheibenvorfällen jährlich in Deutschland laut Schätzungen der AOK zähle die Zwischenwirbelscheibe zu einem der häufigsten Auslöser für Rückenprobleme, so Munther Sabarini, Neurochirurg und Gründer der Avicenna Klinik Berlin. Die Notwendigkeit einer OP sei aber nicht immer gegeben. Es gibt konservative und operative Therapiekonzepte. Sie sind in Stufen eingeteilt. Dabei spielen Beschwerden, neurologische Ausfälle und MRT-Ergebnisse eine Rolle bei der Entscheidung, welche Therapie zum Zuge kommt, so Sabarini. Beim Auftreten von Rückenschmerzen über mehrere Tage und mit Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall gelte es einen Arzt aufzusuchen, auch um dauerhafte Schäden zu vermeiden.Im Rahmen konservativer Therapieansätze bieten unter anderem manuelle Verfahren eine Option, um Schmerzlinderung sowie Verbesserung der Beweglichkeit zu ermöglichen. Ansätze wie Physiotherapie, Chiropraktik oder Osteopathie unterstützen dabei, durch gezielte Techniken die Symptomatik in Form von Blockaden und Verspannungen zu lösen. „Eine gute multimodale konservative Therapie kann viele Patienten auch ohne OP wieder fit machen“, weiß Ulrike Fischer, als Orthopädin in Potsdam tätig. Optionen bieten zudem Schmerztherapien. Zu gängigen Ansätzen gehören Tabletten, Infusionen und Injektionen oder Stromtherapien, bei der Stromstöße den Schmerzreiz unterbrechen. Beim Auftreten schwerer neurologischer Symptome sind jedoch teils operative Therapien nötig, die heute aber oft minimalinvasiv sind. gd
Druckansicht